Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Abrechnung mit der NRW-Regierung
Schwarz-Grün scheitert dabei, die Opposition vom Rettungsschirm zu überzeugen.
DÜSSELDORF Zu Beginn der Haushaltsdebatte, kommt NRW-Landtagspräsident André Kuper (CDU) noch einmal seiner Fürsorgepflicht für seine Abgeordneten nach. „Ich hoffe, dass Sie gut gestärkt sind, wir haben einen langen Plenartag vor uns“, sagt er schmunzelnd. Doch während der anschließenden Debatte über den bereits zweiten Nachtragshaushalt für 2022 dürfte in den Reihen der Landesregierung und der schwarz-grünen Koalition so manchem der Appetit vergangen sein, denn die Kritik am chaotischen Zustandekommen des NRW-Rettungsschirms fällt ätzend aus.
NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) unternimmt Erklärungsversuche, warum man noch vor wenigen Wochen nicht von einer finanziellen Notlage ausgegangen sei, sich dann aber doch für das Abweichen von der Schuldenbremse entschlossen habe: „Diese Rezession wird nicht mehr nur erwartet, sie ist längst angekommen. Wir stehen vor einer neuen Situation. Ein weiteres Zuwarten wäre unverantwortlich.“
SPD und FDP üben sich an diesem Vormittag in Geschlossenheit. SPDFraktionschef Thomas Kutschaty wirft der Koalition vor, nicht regierungsfähig zu sein. „Sie wollen uns doch nicht ernsthaft weismachen, dass sich die wirtschaftliche Lage in den vergangenen Tagen so kolossal geändert hat“, ruft er. Vielmehr sei die Regierung des Verfassungsbruchs überführt worden. „Um Ihren SchönWetter-Haushalt zu retten, haben Sie Kreditermächtigungen aus dem Corona-Rettungsschirm zweckentfremdet – illegal abgezweigt, könnte man auch sagen.“Der SPD-Politiker wirft dem Finanzminister vor, darum gewusst, es aber trotzdem getan zu haben – Kutschaty vermutet, auf Anweisung des Ministerpräsidenten,
weil dieser das Trugbild eines ausgeglichenen Haushalts habe aufrechterhalten wollen. Er wirft Wüst vor, andere zu belehren, aber selbst nichts hinzubekommen: „Das ist eine besonders unsympathische Art des Dilettantismus.“
Ähnlich handfest geht es bei FDPFraktionschef Henning Höne zur Sache: „Sie reden von Klarheit, Sie liefern Chaos“, sagt er. Die versuchte Umwidmung der Corona-Mittel nennt Höne den „Versuch einer politischen Geldwäsche“. Die zuletzt erfolgte Aufnahme von mehr als vier Milliarden Euro für den Corona-Schirm koste mehrere Millionen Euro pro Monat: „Das riecht nach Untreue. Sie haben sich als Treuhänder für das Geld der Steuerzahler vollkommen disqualifiziert, Herr Finanzminister.“
Höne knöpft sich dann die Fraktionsspitzen von CDU und Grünen vor. Diese hatten die Kehrtwende nach einer massiven Kritik des Landesrechnungshofes damit begründet, es sei nicht die Zeit, in langwierigen Gerichtsverfahren auf seinem Recht zu bestehen: „Die Einhaltung der Verfassung und die Überprüfung durch Opposition: Das ist keine Rechthaberei; etwas mehr Respekt vor Recht und Gesetz und dieser Verfassung täte dieser Koalition gut.“