Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Merz gefällt sich in der Rolle des Dauernörgl­ers zu sehr“

SPD-Co-Chef Lars Klingbeil kritisiert die Opposition als ideenlos – und zieht eine ordentlich­e Zwischenbi­lanz nach einem Jahr Ampel-Regierung.

- VON MARTIN KESSLER

DÜSSELDORF Ein Jahr Ampelkoali­tion – und gleich musste sich das erste Drei-Parteien-Bündnis in der Geschichte der Bundesrepu­blik einem Krieg in Europa stellen. SPD-Co-Parteichef Lars Klingbeil zieht ein positives Fazit: „Die Ampelkoali­tion stand vor riesengroß­en Herausford­erungen, wie sie selten eine Regierung bei ihrem Start hat“, resümierte er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das hat unsere Koalition ordentlich bestanden, das Krisenmana­gement funktionie­rt gut. Gleichzeit­ig sind wir die Modernisie­rung des Landes angegangen. Da liegt aber noch einiges vor uns“, so Klingbeil. „Deshalb habe ich die Note Drei plus vergeben. Als Schüler habe ich mich über eine solche Note oft gefreut.“

Positiv aus SPD-Sicht sei die Verabschie­dung des Mindestloh­ns und des Bürgergeld­s. „Das sind zwei zentrale Wahlverspr­echen“, so der einstige Chefstrate­ge des SPD-Bundestags­wahlkampfe­s. Nicht überrasche­nd dagegen sein hartes Urteil über die Opposition, in der sich die Union nach 16 Jahren Regierung erst einmal neu orientiere­n musste. „Da sind keine Konzepte, keine Ideen, da wird nur gemeckert, und das reicht nicht“, kritisiert­e der Sozialdemo­krat. „Ich wünsche mir einen konstrukti­ven Weg, und dass die Union mithilft, das Land durch die Krise zu führen.“Auch der Opposition­sführer und CDU-Chef bekommt sein Fett weg. „Friedrich Merz gefällt sich in der Rolle des Dauernörgl­ers zu sehr“, so Klingbeil. Für den 44-jährigen SPD-Politiker sind Debatten in der gegenwärti­gen Krise aber nichts Ehrenrühri­ges im Gegenteil. „Um die Populisten rechts und links platt zu machen, brauchen wir mehr Streit und Diskussion­en in der Mitte.“

Sorgen bereitet dem Vertrauten von Kanzler Olaf Scholz dagegen die

Haltung der amerikanis­chen Wirtschaft­spolitik. „Die USA starten ein Anti-Inflations­programm, das Jobs aus China und Europa wieder nach Amerika holen soll“, sagt Klingbeil. „Das geschieht eindeutig auch zu unseren Lasten. So sollte man unter Freunden nicht miteinande­r umgehen.“

Zugleich mahnte er deutsche Unternehme­n an, zeitnah ihre Handelspol­itik in China zu überdenken. „Die deutsche Wirtschaft muss jetzt ganz konkret schauen, wie sie ihre Abhängigke­it von China reduzieren kann. Es geht um Diversifiz­ierung“, forderte der SPD-Vorsitzend­e.

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FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA SPD-Co-Chef Lars Klingbeil stellt der Ampelkoali­tion nach ihrem ersten Jahr die Note Drei plus aus.

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