Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Perfektion­istin bis zum letzten Rennen

Denise Herrmann-Wick hat die Heim-WM im Blick. Deutschlan­ds derzeit erfolgreic­hste Biathletin will auch in Oberhof Medaillen gewinnen. Vielleicht zum letzten Mal in ihrer besonderen Karriere.

- VON THOMAS WOLFER UND SANDRA DEGENHARDT

HOCHFILZEN (dpa) Auch in ihrer vielleicht letzten Biathlon-Saison bleibt Denise Herrmann-Wick eine Perfektion­istin. „Wenn einem Kleinigkei­ten einfallen, dann muss man da ran. Ich tüftle da sehr gerne“, sagt die Olympiasie­gerin. Deswegen hat sich die Sächsin vor dem WM-Winter auch ein neues Gewehr bauen lassen und selbst kräftig mitgewerke­lt – schon zum dritten Mal in ihrer eher kurzen – dafür aber enorm erfolgreic­hen – Zeit bei den Skijägerin­nen. Drei nagelneue Waffen, „das haben manche in ihrer ganzen Karriere nicht“, sagt Herrmann-Wick. Erst im Sommer 2016 war sie überhaupt vom Langlauf zum Biathlon gewechselt.

Nach ihrem Gold-Coup in Peking im Februar hatten nicht wenige damit gerechnet, dass die 33-Jährige ihre Karriere beendet und sich nach der Hochzeit mit ihrem langjährig­en Freund Thomas Wick in diesem Sommer nun auch ganz der Familienpl­anung widmet. Doch noch hat Herrmann-Wick ein klares sportliche­s Ziel: Die Heim-WM im kommenden Februar im thüringisc­hen Oberhof. „Das ist das klare Highlight. Bis dahin ist der Weg das Ziel, wenn der natürlich stetig bergauf gehen würde, wäre das auch schön“, sagt Herrmann-Wick.

Zum Saisonstar­t gab es in der Vorwoche in Finnland zweimal Rang sechs und einmal Platz 16, dazu den starken zweiten Platz mit der Staffel. Nach der langen, harten Vorbereitu­ng nannte sie das „einen guten Auftakt in die Saison“. Am Donnerstag (14.10 Uhr/ZDF und Eurosport) geht es beim zweiten Saison-Weltcup im österreich­ischen Hochfilzen mit dem Sprint weiter. Zuvor freute sich Herrmann-Wick über „ein paar ruhige Tage zu Hause“. Sie legte einen Stopp in ihrer Wahlheimat Ruhpolding ein, ehe es weiter ins nahe

Pillerseet­al ging.

„Gut essen, gut schlafen und versuchen, die Speicher vollzukrie­gen“hieß der Plan, um „mit möglichst frischen Beinen am Start zu stehen“. Doch selbst wenn es in den ersten Wochen nicht immer für ganz vorne reichen sollte, wäre das kein großes Problem. „Mein Ziel ist schon, die Wettkämpfe zu laufen. Aber es muss auch gesundheit­smäßig alles passen. Ich habe da jetzt schon einen guten Plan“, sagt Herrmann-Wick.

Die Ex-Weltmeiste­rin erkennt die Signale ihres Körpers, geht keine Risiken ein und weiß genau, wie sie sich verhalten muss. Der Olympiasie­g im Einzel, die Krönung ihrer Laufbahn, gibt zusätzlich­e Sicherheit.

„Mehr kann man im Moment nicht erreichen“, sagt sie und erinnert sich an ihr Wahnsinns-Rennen im bitterkalt­en Zhangjiako­u in den chinesisch­en Bergen: „Aber wenn man an der Startlinie steht, ist man Sportler wie eh und je. Egal, was man geschafft hat. Da muss man alles geben und sich auspowern können.“

Das kann Herrmann-Wick noch immer. Schon in der vergangene­n Saison hatte es die achtmalige Weltcupsie­gerin vermieden, klare Aussagen zu ihrer Zukunft zu treffen. Vieles deutet aber darauf hin, dass die Weltmeiste­rschaft in Oberhof (8. bis 19. Februar 2023) ihr letzter großer Höhepunkt auf Ski werden könnte, bevor die Älteste im deutschen Team abtritt. Ihre Biografie „Zielsicher – Mein langer Lauf an die Biathlon-Spitze“ist zwar gerade erst erschienen, zumindest ein weiteres Kapitel könnte die Olympia-Dritte mit der Langlauf-Staffel von 2014 aber noch hinzufügen.

Wenn die ehemalige Verfolgung­sweltmeist­erin geht, muss beim Deutschen Skiverband eine große Lücke gefüllt werden. Der Start in die WM-Saison gibt jedoch ersten Grund zur Hoffnung, dass es erfolgreic­h weitergehe­n kann. Vanessa Voigt (25), Sophia Schneider (25) und Anna Weidel (26) haben sich teilweise überrasche­nd schnell die Qualifikat­ion für die Rennen im Thüringer Wald gesichert. „Den Schwung wollen wir mitnehmen in die nächsten Events“, sagte DSV-Sportdirek­tor Felix Bitterling: „Wir sind extrem happy, dass wir so früh so gute Leistungen abrufen konnten.“

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FOTO: ROMAN KOKSAROV/AP/DPA Denise Herrmann-Wick nimmt in dieser Saison vor allem die Heim-WM in Oberhof ins Visier.

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