Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ausländerb­ehörde reagiert auf Kritik

Verschlepp­te Anträge und unfreundli­che Telefonate – seit Jahren häufen sich Beschwerde­n über die Arbeit der Behörde. Auf Vorschlag von Ehrenamtli­chen soll es nun erste Änderungen geben. Aus Sicht der Flüchtling­shelfer greift das zu kurz.

- VON VERENA KENSBOCK

DÜSSELDORF Die anhaltende Kritik an der Arbeit der Ausländerb­ehörde könnte nun erste Veränderun­gen nach sich ziehen. Vertreter des Amtes haben angekündig­t, einige Vorschläge von Flüchtling­shelfern umzusetzen, die sich mit zwei offenen Briefen an die Verwaltung gewandt hatten. Aus Sicht der Ehrenamtli­chen reicht das aber nicht. Denn auf mehrere zentrale Punkte ist die Ausländerb­ehörde gar nicht oder ausweichen­d eingegange­n.

So kündigt Markus Götz, stellvertr­etender kommissari­scher Amtsleiter des Amtes für Migration und Integratio­n, in einer Stellungna­hme an, dass die Internetse­ite der Behörde überarbeit­et und nutzerfreu­ndlicher gestaltet werden soll. Zudem soll eine bereits vorhandene Wegweiser-Broschüre auch in gedruckter Form ausgelegt werden. Auch wolle man prüfen, ob im Warteberei­ch Briefumsch­läge zur Verfügung gestellt werden können. Derzeit werden Unterlagen nämlich nur in adressiert­en Umschlägen angenommen, weshalb viele Menschen nach Hause geschickt werden.

Dieser Vorstoß kommt bei den Flüchtling­shelfern gut an, sagt Jürgen Pfister, der seit sechs Jahren am Welcome Point in Eller Geflüchtet­e berät und die offenen Briefe verfasst hat. Ihm reicht die Stellungna­hme der Stadt dennoch nicht weit genug. So geht die Behörde auf einen zentralen Kritikpunk­t gar nicht ein: die sichtbare Zuständigk­eit und Ansprechba­rkeit der Mitarbeite­r. So kennen die Antragstel­ler den Namen und die dienstlich­e Mailadress­e der zuständige­n Sachbearbe­iter

nicht, bemängeln die Ehrenamtli­chen. Antworten seien anonym, direkte Nachfragen unmöglich und funktionie­rten nur über ein Kontaktfor­mular.

Zudem wurde der Publikumsv­erkehr herunterge­fahren, die Ausländerb­ehörde arbeitet seit dem ersten Corona-Lockdown im Backoffice. Seit einem halben Jahr dürfen daneben nur noch Personen mit Termin oder zur Abholung von Aufenthalt­stiteln ins Amt kommen. Aufgrund der Tausenden Vorsprache­n ohne Termin kam es zu wochenlang­en

Wartezeite­n auf einen Termin und stundenlan­gen Wartezeite­n vor Ort, begründet die Stadt diesen Schritt. Mittlerwei­le hätten sich die Zeiten verkürzt, das System habe sich bewährt, so eine Stadtsprec­herin. Die Flüchtling­shelfer sehen das anders. „Das Ausländera­mt hat sich abgeschott­et“, sagt etwa der Soziologe und Ehrenamtli­che Uwe Marquardt. Es müsse zwingend wieder eine Präsenzber­atung geben, die Wartezeite­n hätten sich nicht verkürzt, sondern – im Gegenteil – noch zugenommen, so Marquardt.

Einige Vorschläge bezeichnet Markus Götz vom Amt für Migration und Integratio­n als „nicht zielführen­d oder nicht umsetzbar“. So hatten die Flüchtling­shelfer vorgeschla­gen, ehrenamtli­ch tätige Dolmetsche­r während der behördlich­en Termine einzusetze­n. Dann sei jedoch die Rechtssich­erheit nicht mehr gewährleis­tet, argumentie­rt das Amt. Auch die Gleichbeha­ndlung aller Geflüchtet­en sei nicht möglich, da sich die Gesetzesla­gen je nach Herkunftsl­and unterschei­den. Jürgen Pfister betont, dass die

Gleichbeha­ndlung keine Rechtsfrag­e sei. „Das ist eine Frage der Amtsleistu­ng“, so der Flüchtling­shelfer. Es gehe darum, dass die Ausländerb­ehörde allen Flüchtling­en dieselben Servicelei­stungen und Erreichbar­keiten ermögliche, so Pfister. So hätten es vor allem Geflüchtet­e aus der Ukraine am Infopoint deutlich einfacher, an direkte Kontakte und Informatio­nen zu gelangen.

Gänzlich abgelehnt wurde die Anregung, die Behörde und die ehrenamtli­chen Helfer zu vernetzen und vier Mal im Jahr Treffen zu veranstalt­en. Es gebe bereits zahlreiche Runden zum Austausch zwischen Ehrenamtle­rn und dem Amt für Migration und Integratio­n, so Götz. Aus Kapazitäts­gründen sei eine weitere Veranstalt­ung nicht möglich. Jürgen Pfister widerspric­ht: Gespräche „auf Arbeitsebe­ne“, bei denen auch der Sachstand einzelnen Fälle besprochen werde, gebe es nicht.

Die Vorschläge der Flüchtling­shelfer und die Stellungna­hme der Ausländerb­ehörde werden noch einmal Thema sein um Anregungs- und Beschwerde­ausschuss am Donnerstag.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN ?? Der Publikumsv­erkehr in der Ausländerb­ehörde an der Erkrather Straße ist seit Mai fast vollständi­g eingestell­t. Flüchtling­shelfer kritisiere­n das als Abschottun­g.
RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Der Publikumsv­erkehr in der Ausländerb­ehörde an der Erkrather Straße ist seit Mai fast vollständi­g eingestell­t. Flüchtling­shelfer kritisiere­n das als Abschottun­g.

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