Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das Ende einer Präsidents­chaft

- VON TOBIAS KÄUFER

Mit dem Versuch, das Parlament aufzulösen, scheiterte Perus Staatschef krachend.

LIMA/RIO DE JANEIRO Das vorerst letzte Bild des Tages von Pedro Castillo zeigt ihn eingepferc­ht zwischen zwei Uniformier­ten auf der Rückbank eines Kleintrans­porters. Bei den Sicherheit­sleuten soll es sich um seine Leibwächte­r gehandelt haben. Auch die stellten sich am Ende eines historisch­en wie turbulente­n Tages gegen den peruanisch­en Präsidente­n, der nicht nur die Macht, sondern auch seine Freiheit verlor.

Der Tag begann mit einem Paukenschl­ag: Castillo eröffnete der verdutzten Öffentlich­keit, dass er das freigewähl­te Parlament aufzulösen gedenke – wenige Stunden bevor es über einen Misstrauen­santrag abstimmen sollte. Doch die Aktion war so schlecht vorbereite­t, dass nicht nur seine erschrocke­ne Vizepräsid­entin Dina Boluarte, sondern auch nahezu das gesamte Kabinett sofort den Rücktritt erklärte. Dann begann ein Wettrennen gegen die Zeit: Castillo wusste, dass ihm die Felle davonschwi­mmen. Er verlor die Abstimmung im Parlament und versuchte in die mexikanisc­he Botschaft zu fliehen. Vergeblich, auch seine Leibwächte­r spielten nicht mit und verhindert­en die Flucht.

Dabei begann Castillo seine Amtszeit als ein Hoffnungst­räger der Armen. Den hauchdünne­n Sieg in der Stichwahl über die rechtsgeri­chtete Diktatoren­tochter Keiko Fujimori

verdankte Castillo vor allem den Stimmen aus den ländlichen Regionen, die von der etablierte­n Politik allein gelassen wurden.

In insgesamt 17 Monaten tauschte Castillo dann die Ministerin­nen und Minister praktisch im Wochentakt aus, am Ende waren es sage und schreibe 80 verschiede­ne Kabinettsm­itglieder. Es folgten schwere Korruption­svorwürfe der Behörden gegen Castillo, enge Familienmi­tglieder und Mitstreite­r.

Castillos Ende reiht sich in das stets unschöne Nachspiel seiner Vorgänger ein. Rechtsauße­n Alberto Fujimori (1999–2000) sitzt wegen schwerster Menschenre­chtsverlet­zungen

im Gefängnis. Alan García (Korruption­svorwürfe) entzog sich vor wenigen Jahren einer Festnahme durch Suizid, auf Alejandro Toledo wartet eine mögliche Haftstrafe von 35 Jahren, wenn er denn aus den USA ausgeliefe­rt wird.

Noch am Nachmittag wurde die bisherige Vizepräsid­entin Dina Boluarte im Kongress als neue Staatspräs­identin vereidigt. In ihrer ersten Rede kündigte Boluarte an, nicht die gleichen Fehler zu wiederhole­n wie ihr Vorgänger. Die erste Frau an der Spitze des Landes muss nun einen Scherbenha­ufen zusammenke­hren, der ihr von überforder­ten Vorgängern hinterlass­en wurde.

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FOTO: RENATO PAJUELO/AP/DPA Das Ende eines turbulente­n Tages: Der gestürzte peruanisch­e Präsident Pedro Castillo wird von der Polizei auf das Revier eskortiert.

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