Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Zahmer Auftakt
Die neue Doku-Serie „Harry & Meghan“ist auf Netflix angelaufen.
LONDON Der große Knall blieb zunächst aus. Am Donnerstag startete auf Netflix die Doku-Serie „Harry & Meghan“, die die „Story einer großen Liebe“zwischen dem jüngsten Sohn von König Charles III. und seiner Frau Meghan erzählt. Doch in den ersten drei Episoden der auf sechs Teile angelegten Produktion ging es – verglichen mit der Aufregung, die zwei Trailer im Vorfeld ausgelöst hatten – verhältnismäßig zahm zu. Viel Lärm um wenig also. Die nächste Tranche wird am Donnerstag kommender Woche ausgestrahlt.
Nach ihrem Abschied aus Großbritannien hatten Harry und Meghan sich 2020 im kaliforischen Montecito angesiedelt und Deals mit den Streamingdiensten Netflix und Spotify gezeichnet, die 100 Millionen Dollar wert sein sollen. Jüngste Frucht ist die Doku-Serie, in der das Herzogspaar von Sussex sich zu Wort meldet und seine Seite der Geschichte erzählt. Die beiden Trailer zur Serie, die Netflix in der Woche vor der Erstausstrahlung veröffentlichte, hatten in Großbritannien heftige Reaktionen ausgelöst.
Von einer „Kriegserklärung“der Sussexes an das Königshaus war die Rede gewesen, vom Frontalangriff auf die Royals. Da erhitzten sich die Gemüter, weil Harry raunte: „Niemand
sieht, was hinter geschlossenen Türen vor sich geht“. Da echauffierten sich Hofberichterstatter, weil Meghan ankündigte: „Wenn es um so viel geht, ist es nicht sinnvoller, unsere Geschichte von uns zu hören?“Der Doku wurde Verfälschung der Fakten angekreidet.
Britische Medien hielten die Serie also vor allem für eine Kampfansage. Vielleicht ist sie das auch. Aber sie wäre dann eine, die bisher nicht mit schwerem Geschütz auffährt. Schon in ihrem Interview mit Oprah Winfrey im März letzten Jahres hatten Harry und Meghan schlimme Anschuldigungen erhoben: Das Königshaus habe versagt, Meghan zu schützen, die einer feindlichen Presse
ausgesetzt gewesen sei. Ihre psychologischen Probleme seien ignoriert worden. Und am schlimmsten war ein Rassismusvorwurf der beiden: Ein ungenannt bleibendes Mitglied der Königsfamilie habe Bedenken geäußert über die mögliche Hautfarbe der Kinder von Harry und Meghan, die ja mütterlicherseits afroamerikanischer Abstammung ist. Im Königreich fürchtete man, dass die Doku nun nachlegen, womöglich den Bedenkenträger mit Namen nennen oder andere schwere Sünden anprangern würde.
Bisher noch nicht. Der Anfang der Dokumentation erzählt erst einmal die Story, wie Harry und Meghan sich kennenlernten. Zugleich wird Kritik der beiden an Königshaus und Medien nicht ausgeblendet. Warum solle Meghan denn eine Sonderbehandlung genießen, wurde Harry von Familienmitgliedern gefragt. Weil es hier auch um die Hautfarbe geht, antwortete er ihnen. Es gebe, konstatiert Harry, in seiner Familie ein unbewusstes Stereotypendenken, wenn es um Rasse geht, und daran sollte man arbeiten. Sein Generalthema ist, wie schwer es Frauen haben, die in die königliche Familie einheiraten, und da ist das Schicksal von Diana ein warnendes Beispiel. Harry erklärt, dass es seine Pflicht sei, „die Ausbeutung und Bestechlichkeit, die es in unseren Medien gibt, offenzulegen“.