Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Partei-Gründung recht wahrscheinlich
ANALYSE Der Zerfall der Unabhängigen Wählergemeinschaft UWG kommt nicht überraschend. Zu verschieden sind die handelnden Personen.
DORMAGEN 733 Dormagener gaben der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) im September 2020 ihre Stimme. Es war sicherlich ein gutes Stück Vertrauensvorschuss, denn die UWG hatte erst im gleichen Jahr in Dormagen ihre Ortsgruppe wiederbelebt. Was kreisweit funktioniert, sollte auch in Dormagen möglich sein. 2,7 Prozent der gültigen Wählerstimmen und ein Ratsmandat waren das beachtliche Ergebnis. Von dem, was damals ordentlich begann, ist gute zwei Jahre später nicht mehr viel zu sehen: Nach den Austritten von drei Mitgliedern – darunter Ratsmitglied Michaela Jonas – ist nur noch eine Handvoll Leute übrig geblieben, die mehrheitlich der Familie des damaligen Mitgründers Markus Roßdeutscher angehören.
Diese Entwicklung ist bedauerlich, aber letztlich auch nicht gänzlich überraschend. Im Unterschied zur klassischen Parteienstruktur ist die Zusammensetzung bei unabhängigen Wählergruppierungen oftmals deutlich heterogener. Nicht immer passt es gut zusammen. So auch in diesem Fall. Festzumachen ist das an der Unterschiedlichkeit des Führungspersonals: hier Roßdeutscher, ein Mann mit wechselvoller kommunalpolitischer Vergangenheit, dort Jonas, Neuling und als ehemalige Vorsitzende der Werbegemeinschaft CiDo breit vernetzt. Den ersten Riss gab es direkt nach der Kommunalwahl, als Spitzenfrau Jonas das eine Mandat annahm und nicht an den erfahreneren Roßdeutscher abgab. Damit verschwand dieser erst einmal von der Bühne des operativen Tagesgeschäfts. Die anschließende Kooperation mit der FDP hielt auch kein Jahr. Das endgültige Scheitern ergab sich jetzt letztlich aus zu unterschiedlichen politischen Grundpositionen. Dass für Jonas ihr Kollege politisch zu weit rechts angesiedelt ist, will sie so zwar nicht bestätigen, ist aber anzunehmen.
Roßdeutscher hatte 2015 die AfD verlassen und sich „Alfa“angeschlossen (die „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“war von AfDGründer Bernd Lucke gegründet worden). 2016 ging Alfa mit Norbert Back („Ein Herz für Dormagen“) eine Fraktionsgemeinschaft ein, der aus der ehemaligen, rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro NRW kommt. Noch in 2016 bildete Roßdeutscher die Kreisgruppe „Freier Demokratischer Bund“und verließ Alfa. Damals sagte er, dass er sich den gleichen Zielen von AfD und Alfa verpflichtet sehe.
Wie geht es weiter? Carsten Thiel, Chef der Kreis-UWG, ist zuversichtlich, dass die UWG sich erholen und „gestärkt bei der Kommunalwahl antreten“werde. Und Jonas? Sie hält sich bedeckt, aber es ist damit zu rechnen, dass sie aus dem vorpolitischen Raum Interessierte sammeln und eine neue Partei/Wählergemeinschaft gründen wird.