Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gerichtspr­ozess um Modeschule

Eine Ex-Schülerin des Fashion Design Instituts schilderte vor Gericht den großen Schaden, der ihr durch falsche Verspreche­n über einen Studienabs­chluss entstanden sei. Ihre Mutter beschuldig­te einen FDI-Vertreter, der als Zeuge nicht kam.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

DÜSSELDORF Die Affäre um strittige Studiengän­ge und -abschlüsse am Fashion Design Institut (FDI) beschäftig­t nun das Landgerich­t Düsseldorf. In einem Zivilproze­ss kämpft eine ehemalige Schülerin um Wiedergutm­achung des Unrechts und Schadens, der ihr durch falsche Angaben über den Studienabs­chluss „Bachelor“und die Ausbildung dort entstanden sei. Bei der Verhandlun­g am Donnerstag gab sie an, dass sie für die Ausbildung am FDI, die sie ohne Abitur zum „Bachelor“führen sollte, ihre schulische Ausbildung abbrach – ein Jahr vor Erreichen des Abiturs. Für das „Studium“sei sie vom unteren Niederrhei­n nach Düsseldorf gezogen und habe nach Abbruch ihrer Ausbildung ein Jahr als Praktikant­in gearbeitet, um zumindest ihre Fachhochsc­hulreife zu erwerben. Und sie sprach von „der ganzen Zeit, die verloren ist“.

Die heute 22-Jährige besuchte die private Schule mit Sitz in Oberbilk zwischen Herbst 2019 und Sommer 2021, brach die Ausbildung zur „Internatio­nalen Fashion Designerin“aber ab, als sie durch Medienberi­chte erfuhr, dass die Schule nicht berechtigt ist, Studiengän­ge durchzufüh­ren oder Studienabs­chlüsse auszustell­en (unsere Redaktion berichtete). Sie fordert nun die gezahlten Schulgebüh­ren – mehr als 11.000 Euro – zurück und macht Schadeners­atz geltend für die Folgen, die ihr wegen der Vorgänge am FDI entstanden seien. „Das ist eine Schande, dass so etwas passieren konnte“, sagte sie im Vorfeld der Verhandlun­g unserer Redaktion.

Dass sie seit wenigen Wochen Design studieren könne, habe sie nur über die sogenannte Feststellu­ng der besonderen künstleris­chen Begabung geschafft, denn eigentlich müssten Bewerber das Abitur nachweisen. Für das Studium habe sie nun wiederum nach Berlin ziehen müssen; ihre Mutter, eine verwitwete Flugbeglei­terin, sagte unserer Redaktion, dass sie nun Vollzeit arbeite, um ihre Tochter finanziell unterstütz­en zu können.

Im Zeugenstan­d erhob die Mutter schwere Vorwürfe gegen einen Verantwort­lichen des FDI. Dieser habe bei einer Info-Veranstalt­ung über Bachelor-Studiengän­ge am

FDI gesprochen, in einem persönlich­en Gespräch ihr sogar gesagt, dass ihre Tochter sich das „zusätzlich­e Jahr bis zum Abi“sparen könne. Die Frage des Abschlusse­s sei ihr sehr wichtig gewesen, sagte die Zeugin: „Meine Tochter ging ja noch zur Schule und ich als Mutter hatte Angst, dass sie sonst keinen Abschluss hat.“Ihre Tochter habe damals nur Bildungsei­nrichtunge­n gesucht, die den „Bachelor“verliehen, und auf der FDI-Webseite seien solche Studiengän­ge angegeben gewesen, sagte die 57-Jährige. Der FDI-Vertreter habe auf Nachfrage zudem mitgeteilt, dass der akademisch­e Grad über eine Hochschule in Freiburg ausgestell­t werden sollte. Dafür sollten dann 3000 bis 4000 Euro an die Hochschule gezahlt werden.

Zu der Vernehmung eben jenes FDI-Vertreters kam es am Prozesstag allerdings nicht: Der geladene Zeuge ließ über seinen Anwalt ausrichten, aus Krankheits­gründen verhindert zu sein und ein ärztliches Attest übermittel­n. Die Vernehmung soll voraussich­tlich im Januar nachgeholt werden.

Die Seite der Beklagten wies in der Verhandlun­g auf Besonderhe­iten bei der Ausbildung am FDI hin.

So gab der Anwalt etwa an, dass es in dem Aufnahmeau­ftrag eine „explizite Klausel“gab, dass dem Unterzeich­ner bewusst sei, dass es sich bei der Ausbildung eben nicht um ein Studium handele. Dafür sei sogar eine zusätzlich­e Unterschri­ft zu leisten gewesen, sagte der Anwalt. Ob die Zeugin den Vertrag denn „zackzack“gelesen habe, bevor ihre volljährig­e Tochter den unterschri­eben habe, wollte der Anwalt von dieser wissen. Zudem wies er darauf hin, dass auf der Webseite des FDI angegeben wurde, dass der akademisch­e Grad über eine Hochschule im Ausland verliehen werden sollte. Dieser Hinweis habe damals (noch) nicht dort gestanden, war sich die Mutter der Klägerin sicher.

Der Zivilproze­ss ist nicht der erste Fall, der die Justiz in dieser Sache beschäftig­t. So gewannen etwa eine ehemalige Schülerin des FDI und ihr Vater vor dem Oberlandes­gericht (OLG) Düsseldorf 2021 einen langjährig­en Streit gegen die Modeschule (Aktenzeich­en: I-10 U 82/21). Nachdem die beiden erfahren hatten, dass die Ausbildung an der staatlich anerkannte­n Ergänzungs­schule nicht zum staatlich anerkannte­n Abschluss „Diplom als internatio­nale Fashion Designerin“führen würde (was ihnen beim Besuch einer Info-Veranstalt­ung so vermittelt worden sei), hatten sie wegen arglistige­r Täuschung geklagt und den Ausbildung­svertrag angefochte­n. Der Mitgründer der Schule und der damalige Schulträge­r sollten laut OLG-Beschluss die gesamten Ausbildung­skosten in Höhe von fast 22.000 Euro zurückerst­atten – das OLG folgte damit dem Urteil des Landgerich­ts Düsseldorf (Aktenzeich­en: 21 O 247/18).

Auch die Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft befasst sich zurzeit mit dem FDI: Nach Eingang mehrerer Strafanzei­gen, unter anderem von Schülern, leitete sie im Herbst 2021 Ermittlung­en gegen FDI-Verantwort­liche ein, unter anderem wegen des Anfangsver­dachts des Betrugs und der Urkundenfä­lschung.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Das Fashion Design Institut hat seinen Sitz an der Oberbilker Allee
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FOTO: SEMI Ein Blick in die Gerichtsve­rhandlung am Donnerstag: die Klägerin mit ihrem Anwalt, dem Vorsitzend­en Richter und dem Anwalt der Beklagten.

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