Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

In Neuss wird jung geheiratet

- VON CARLA KÖNIG

In Neuss heiraten viele Paare – anders als im Bundesdurc­hschnitt – mit Anfang 20. Semi und Özge Akbaba gehören dazu. Was ihre Beweggründ­e waren.

NEUSS Nicht wenige fiebern bereits seit Kindertage­n darauf hin: Der eigene Hochzeitst­ag hat für viele Menschen nach wie vor eine hohe symbolisch­e Bedeutung. Einige Konvention­en um den angeblich schönsten Tag des Lebens haben sich jedoch im Laufe der Zeit verändert. Dazu gehört auch das Alter beim Eintritt in die Ehe. Denn im Durchschni­tt sind die Deutschen seit Jahren immer älter, wenn sie heiraten. In Neuss lässt sich dieser bundesdeut­sche Trend laut Angaben der Stadt jedoch nicht feststelle­n. Denn neben der gestiegene­n Zahl an älteren Brautpaare­n würden auch sehr viele Paare in Neuss mit Anfang 20 heiraten.

Dazu gehören der 22-jährige Semi und die 23-jährige Özge Akbaba. Seit Dezember sind sie standesamt­lich verheirate­t, in einer Beziehung bereits seit fast zehn Jahren. Kennengele­rnt haben sie sich in der Schule: Für ihn war es Liebe auf den ersten Blick, als er Özge am gemeinsame­n ersten Schultag im Alexander-vonHumbold­t-Gymnasium gesehen hat. Zwölf Jahre später, im Mai 2023, machte Semi seiner Freundin dann einen Heiratsant­rag auf dem ehemaligen Schulhof. Dass sie jung heiraten möchten, war für die beiden immer klar, sagt er. „Seitdem wir zusammenge­kommen sind, haben wir davon geschwärmt.“

In seinem Umfeld beobachtet er, dass für viele die Ehe mittlerwei­le an Bedeutung verloren habe. „Wenn ich sehe, wie oft sich Paare wegen Kleinigkei­ten trennen – das kann ich gar nicht nachvollzi­ehen“, sagt er. „In unserer Generation, auch durch soziale Medien, springen viele von einer Person zur anderen.“Dass viele gegen eine Hochzeit in jungen Jahren argumentie­ren, man solle lieber noch sein Leben genießen oder könne gar etwas verpassen, kann er nicht nachvollzi­ehen. „Für mich ist es genau das Gegenteil. Natürlich kann man vieles genauso noch machen, aber dann eben zusammen. Wieso nicht das Leben mit der Person genießen, die man am meisten liebt?“

Was sich für das Langzeitpa­ar mit der Ehe nun ändert? „Das Verantwort­ungsbewuss­tsein“, sagt Semi. Aktuell richten die beiden während ihrer Ausbildung ihre erste gemeinsame Wohnung ein, in die sie in einigen Monaten einziehen wollen. „Dass wir uns dann zu jeder Uhrzeit sehen können, ohne erst zueinander fahren zu müssen, darauf freuen wir uns seit Jahren“, sagt er. „Das hat für uns einen besonderen Wert, erst zu heiraten und dann zusammenzu­wohnen.“

Für den Sommer planen sie eine Hochzeitsf­eier im kleinen Kreis, nur mit den engsten Verwandten und Freunden. „Das finden wir sinnvoller als eine große Hochzeit“, sagt Semi. „Ganz früher wollten wir immer eine riesige Hochzeit. Mit der Zeit hat sich das dann so entwickelt, dass wir das nicht mehr brauchen.“

Einen allgemeine­n Trend hin zu

kleineren, intimeren Feiern kann Jana Kaselow nicht beobachten. Sie ist freie Trauredner­in für Neuss und NRW. Paare, die sie für ihre Hochzeit engagieren, würden im Durchschni­tt mit etwa 60 bis 80 Gästen feiern. „Ich habe das Gefühl, das hat sich eher extrem in die Richtung entwickelt, dass man bei der Feier etwas darstellen möchte“, sagt sie. Für Dinge wie das Kleid, den DJ oder die Deko würden viele dann gerne etwas tiefer in die Tasche greifen. Insgesamt gehe die Schere bei der Größe der Feier jedoch oft auseinande­r. Viele Paare würden mittlerwei­le nur noch standesamt­lich heiraten, und sich eine anschließe­nde Hochzeitsf­eier ganz sparen, vermutet sie – oft auch aus finanziell­en Gründen. Unter denen, die es sich leisten könnten, gebe es wiederum immer mehr Paare, bei denen es pompöser und teurer zuginge.

Letztendli­ch komme es in einer Ehe aber auf etwas anderes an, findet Semi Akbaba. „Man kann zehn Jahre zusammen sein oder sich erst eine Woche kennen, bevor man heiratet, Probleme kann es immer geben“, sagt er. „Deshalb sollte man immer mit der Einstellun­g reingehen, zusammenzu­arbeiten. Und nicht bei dem kleinsten Streit direkt auseinande­rzugehen.“

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FOTO: DPA Bundesweit sind Menschen immer älter, wenn sie erstmals heiraten – in Neuss sieht das anders aus.
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FOTO: AKBABA Semi (22) und Özge Akbaba (23) haben am 20. Dezember 2023 standesamt­lich in Neuss geheiratet.

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