Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Polit-Streit um Vorkaufsrechts-Satzung
Die Stadt soll per Satzung das Recht erhalten, Immobilien im City-Bereich und im Bahnhofsviertel vorrangig zu erwerben, um ungewünschte Entwicklungen zu verhindern. Dieser Antrag der Ratskooperation sorgt für Ärger in der Politik.
GREVENBROICH Der aktuelle Planungsausschuss ist kaum beendet, da drücken die Grünen schon aufs Tempo. Fraktionschef Peter Gehrmann hat eine Sondersitzung des Gremiums beantragt – wohl weil in der jüngsten Zusammenkunft nicht alles nach Plan lief. Als es darum ging, die Verwaltung mit dem Erarbeiten einer Vorkaufsrechts-Satzung für Immobilien in der Kerninnenstadt und im Bahnhofsviertel zu beauftragen, zog die CDU nicht mit. Sie meldete Beratungsbedarf an, das Thema flog damit von der Tagesordnung und soll bei der nächsten regulären Sitzung wieder aufgerufen werden. Das wäre am 9. April.
Eine Vorkaufsrechts-Satzung war von der Ratskooperation (SPD, Grüne, Mein Grevenbroich) beantragt worden. Sie soll für den Bereich Kölner, Breite, Karl-Oberbach-, Bahn- und Rheydter Straße bis zur Bahnlinie gelten. In einigen Teilabschnitten, so argumentieren die drei Fraktionen, würden sich städtebauliche und strukturelle Probleme abzeichnen, verursacht durch eine „veränderte Bevölkerungsstruktur und einschneidende ökonomische Veränderungen“. Folgen seien unter anderem ein hohes Leerstands-Niveau, zweckentfremdeter Wohnraum und eine vernachlässigte Bausubstanz.
Mit einer Vorkaufsrechts-Satzung hätten die Stadt oder die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) die Möglichkeit, den Erstzugriff auf Immobilien im City-Kern und im weiteren Bahnhofsumfeld zu haben, um damit die Quartiersentwicklung positiv zu beeinflussen, meinen die drei Fraktionen. „Sonst könnten eventuell Investoren zum Zuge kommen, die wir dort nicht so gerne sehen – etwa solche, die Häuser erwerben, um darin Werksarbeiter unterzubringen“, sagt Peter Gehrmann. Anfang April soll das Thema nun erneut im Planungsausschuss auf den Tisch kommen.
Das aber erscheint den Grünen zu lang – und sie sehen keinen Grund für den von der CDU angemeldeten Beratungsbedarf. „Schließlich geht es ja nur um die Erarbeitung eines Satzungs-Vorschlages, über den anschließend ausführlich diskutiert werden kann“, argumentiert Peter Gehrmann. Er wirft der Union vor, „die Beratung politisch relevanter Punkte aus formellen Gründen“zu blockieren. „So werden wir nie zu einem Ergebnis kommen“, sagt der Fraktionsvorsitzende, der im Rathaus eine Sondersitzung des Gremiums beantragt hat.
Die CDU sieht indes bei dem Thema keine Eile – und wehrt sich gegen den Blockade-Vorwurf der Grünen. „Da uns weder die Verwaltung noch die Ratskooperation über Sachverhalte informieren, müssen wir uns selber schlau machen – und nicht mal dafür wird uns Zeit gegeben“, wettert Fraktionschef Wolfgang
Kaiser und wird deutlich: „Eine Sondersitzung kostet dem Bürger nur unnötig Geld und signalisiert uns einmal mehr, dass das Bündnis macht, was es will – egal, was die zweitstärkste Fraktion im Rat dazu sagt.“Der Vorsitzende geht davon aus, „dass sich an dieser Haltung vor 2025 auch nichts ändern wird.“Ohnehin werde auf kommunalpolitischer Ebene längst nicht mehr miteinander, „sondern nur noch übereinander geredet“, kritisiert er.
Die Union habe Mitglieder, die in Sachen Vorkaufsrecht „sehr umtriebig“seien und deren Stellungnahme er abwarten wolle, sagt Kaiser. Dies sei auch der Grund für den Beratungsbedarf
gewesen, den die CDU im Planungsausschuss angemeldet hatte. „Ein Vorkaufsrecht ist nichts Falsches“, macht der Fraktionsvorsitzende deutlich. „Es muss aber auch über die Konsequenzen nachgedacht werden.“Kaisers Beispiel: „Die Stadt hätte zwar den Erstaufschlag für den Erwerb einer Immobilie. Treibt ein ebenfalls interessierter Investor den Verkaufspreis aber in die Höhe, muss sie mitziehen und kann nur beim Höchstgebot einsteigen.“Über solche und andere Szenarien hätte er vor einem Beschluss gerne Klarheit – auch wenn es sich erst einmal „nur“um einen Arbeitsauftrag für die Verwaltung handele.
Grundlage für ein Satzungsvorkaufsrecht muss ein neuer Bebauungsplan sein. Darauf weist die Stadtverwaltung in einer Vorlage für den Planungsausschuss hin. „Da auch informelle Planungsgrundlagen in Betracht kommen, wäre der sich derzeit in der Erarbeitung befindende Rahmenplan zum Bahnhofsquartier dazu geeignet“, sagt Planungsdezernent Florian Herpel. Für den Bereich der Kerninnenstadt lägen bislang keine vergleichbaren städtebaulichen Überlegungen vor, die Grundlage einer VorkaufsrechtsSatzung sein könnten.