Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Rheinland Klinikum droht neue Hängepartie
Der Rhein-Kreis hat mit der jüngsten Kreistagssitzung eine Möglichkeit verstreichen lassen, auf Forderungen der Stadt Neuss zu reagieren und einen Beschluss zur Zukunft des Rheinland Klinikums neu zu fassen. Im Kern geht es um die Frage, ob und wie schnell aus dem Elisabethkrankenhaus in Grevenbroich ein ambulanter Medizin-Campus wird. Es droht eine neue Hängepartie – mit Risiken.
RHEIN-KREIS Wie heißt es so schön? Es bleibt schwierig. Nach langer Hängepartie um den Restrukturierungskurs des Rheinland Klinikums schien nach einem entsprechenden Beschluss des Aufsichtsrates Mitte Dezember vergangenen Jahres klar: Aus dem Elisabethkrankenhaus wird ein ambulant arbeitender Medizinund Gesundheitscampus. Nur drei Monate später ist die Hängepartie zurück.
Die beiden Gesellschafter des Rheinland Klinikums, die Stadt und der Rhein-Kreis Neuss, streiten über die Umsetzung des Aufsichtsratsbeschlusses. Während Kreispolitik und Landrat Hans-Jürgen Petrauschke (CDU) zunächst viele aus ihrer Sicht offene Fragen, etwa zur Absicherung der Notfallversorgung oder den konkreten Plänen für den Medizin-Campus in Grevenbroich, geklärt sehen wollen, drängen der Neusser Stadtrat und Bürgermeister Reiner Breuer (SPD) auf einen Abbau der stationären Versorgung im Elisabethkrankenhaus. Breuer sieht sich wegen eines entsprechenden Ratsbeschlusses weiter außerstande, eine Patronatserklärung zur weiteren finanziellen Absicherung des Rheinlandklinikums abzugeben.
Der Neusser Stadtrat hatte dafür zur Bedingung gemacht, dass der Kreis – wie die Stadt – dem im Dezember in der Gesellschafterversammlung unter Gremienvorbehalt beschlossenen Plan zur Zukunft des Rheinland Klinikums unverändert zustimmt. Der Stadtrat in Neuss hatte entsprechend entschieden und den Gremienvorbehalt damit ausgeräumt.
Eine Entscheidung des Kreisausschusses zum Restrukturierungskonzept von Ende Januar sieht Breuer jedoch als nicht gleichwertig an. Der Beschluss aus Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung, der die Umwandlung des Krankenhausstandortes Grevenbroich in einen ambulanten Gesundheitscampus vorsieht, sei von Kreisseite substanziell verändert worden. Breuer hatte den Kreis aufgefordert, in der nächsten Kreistagssitzung einen neuen Beschluss zu fassen, der die Bedingungen aus Neuss erfüllt. Die erste Gelegenheit dazu hätte es bei der Kreistagssitzung am 20. März gegeben. Dort gab es jedoch weder eine entsprechende Beschlussvorlage der Kreisverwaltung noch einen Beschluss.
Das Thema Krankenhaus stand zwar auf der Tagesordnung des Kreisausschusses, dabei ging es jedoch nur um einen weiteren Sachstandsbericht.
Für diesen Fall hatte der Neusser Bürgermeister bereits im Vorfeld angekündigt, nach Ostern dringlich eine Klärung herbeizuführen zu wollen. Wie genau diese Klärung aussehen könnte, lässt Breuer zunächst offen und betont stattdessen, dass in der jüngsten Aufsichtsratssitzung etwas Bewegung erkennbar gewesen sei. So arbeite die Geschäftsführung des Rheinland Klinikums, wie auch von Kreisseite immer wieder eingefordert, daran, die Restrukturierung des kommunalen Krankenhausverbundes weiter voranzutreiben. Außerdem seien jetzt interessante Optionen für die Umstellung des Grevenbroicher Krankenhauses auf einen ambulanten Medizin-Campus zu erkennen.
„Und natürlich soll auch die Notfallversorgung an allen Standorten des Rheinland Klinikums sichergestellt werden“, sagt Breuer. Insofern setze er weiter auf eine einvernehmliche Lösung mit dem Mitgesellschafter Rhein-Kreis. Sollte dies nicht möglich sein, gelte es andere Optionen zu prüfen: „Es gibt einen Gesellschaftervertrag, den man darauf prüfen müsste, ob eine Auflösung möglich und sinnvoll ist.“Dies, so Breuer, sei aber nur die „Ultima Ratio“. Ob die Stadt Neuss zu diesem letzten Mittel greift, das auch der SPD-Fraktionschef im Stadtrat, Sascha Karbowiak, bereits in die Diskussion eingebracht hatte, ist ungewiss. Klar ist hingegen: Je länger die lähmenden Differenzen zwischen Stadt und Rhein-Kreis bestehen, desto schwieriger wird die wirtschaftliche Situation des Rheinland Klinikums.
Breuer betont zwar, dass das Klinikum keine Liquiditätsprobleme habe, die Gesamtlage sei dennoch schwierig. Landrat Petrauschke sieht die Mitverantwortung dafür auch bei der Stadt Neuss, eben weil sie – anders als der Kreis – die ausstehende Patronatserklärung zurückhalte. Unterstützung bekommt er dabei von CDU-Fraktionschef Sven Ladeck. Ohne die Patronatserklärung der Stadt steht auf jeden Fall ein Fragezeichen hinter dem Wirtschaftsplan des Rheinland Klinikums für 2024. Unabhängig davon steht das Rheinland Klinikum – wie viele Krankenhäuser bundesweit – unter finanziellem Druck, was anderenorts bereits zu mehreren Insolvenzen geführt hat. Hintergrund sind auch die Verwerfungen zwischen Bund und Land im Streit um die Krankenhausplanung.
Unter dem Strich betrachtet führt dies offenbar bei den Kreditinstituten, mit denen das Rheinland Klinikum verbunden ist, dazu, dass – Patronatserklärungen hin oder her – auf ein tragfähiges Restrukturierungsprogramm gedrängt wird. Aus Sicht der Stadt Neuss ist das ein Argument mehr, den Prozess zur Umwandlung des Standortes Grevenbroich endlich anzuschieben. Aus Kreissicht leitet sich daraus auch der Anspruch ab, auf alle Klinikstandorte zu schauen, einschließlich des Lukaskrankenhauses, das unter anderem wegen eines Sanierungsstaus auch nicht glänzende Zahlen schreibt. Das Aufgeben des stationären Betriebes im Elisabethkrankenhaus sei kein Allheilmittel.
Während Breuer auf vier Gutachten verweist, die eine Ende des stationären Betriebes im Grevenbroich empfehlen würden, zieht Petrauschke den Wert eben dieser Gutachten in Zweifel, auch mit dem Verweis auf in der Vergangenheit wechselnde Empfehlungen zur Zukunft des Elisabethkrankenhauses seitens der Geschäftsführung des Rheinland
Klinikums.
Die Lage scheint verfahren, auch wenn der Neusser Bürgermeister betont, es sei jüngst vom Klinikum eine „beachtliche“Liste von Fortschritten bei der Restrukturierung vorgelegt worden. Zudem zeige die Bildung von standortübergreifenden Medizinischen Zentren für die einzelnen Fachbereiche erste Erfolge, die sich bald auch positiv in der Wirtschaftlichkeit widerspiegeln würden. Landrat Petrauschke betont, er sei froh, dass die medizinische Versorgung im Rhein-Kreis durch die engagierte Arbeit der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichergestellt sei. Grundsätzlich sei er optimistisch, dass es gelingen werde, die wirtschaftliche Situation mit ihren Herausforderungen schnell in den Griff zu bekommen. Dazu könnten auch angekündigte Mittel des Bundes beitragen.
Wäre es eine Option, Entscheidungen über die Zukunft des Rheinland Klinikums erst zu treffen, wenn Bund und Land eine Lösung im Streit über die Krankenhausplanung gefunden haben? Bürgermeister Breuer sagt Nein: „Wir können nicht auf die Minister Laumann oder Lauterbach warten, das kostet zu viel Zeit.“
Vielleicht ist die Zeit reif für ein Mediationsverfahren, wie es nicht unüblich ist, wenn Gesellschafter in einem Unternehmen oder Konzern im Clinch liegen. Das wäre immer noch besser – und schneller, denn das Rheinland Klinikum hat nicht mehr unendlich Zeit – als Klagen, von denen mancherorts im politischen Raum auch schon die Rede ist. Was bleibt? Vielleicht die Hoffnung, dass die Gesellschafter kurzfristig doch noch zusammenfinden – es ist schließlich bald Ostern…