Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wie der Pflegegrad festgestellt wird
KAARST (brh) Probleme beim Anziehen der Stützstrümpfe? Gibt fünf Punkte, aber reicht allein noch nicht für Pflegestufe 1, die ab 12,5 Punkten gilt. Von den knapp 30 interessierten Zuhörern, die am Donnerstag auf Einladung der Liberalen Senioren ins VHS-Gebäude gekommen waren, kamen sehr konkrete Fragen.
Beate Kopp, Regionalbeauftragte der Liberalen Senioren für den Rhein-Kreis Neuss, hatte vom Medizinischen Dienst Nordrhein in Düsseldorf zwei kompetente Frauen nach Kaarst eingeladen, um solche Fragen zu beantworten: Pflegeleiterin Ulrike Kissels und Kirsten Klinkemer-Jentzsch, Leiterin des Fachbereichs Pflege. Beide kümmern sich um die Frage, wer pflegebedürftig ist, aber als Pflege-TÜV auch um die Pflegeeinrichtungen.
Ulrike Kisssels ist seit 26 Jahren beim Medizinischen Dienst und hat bereits über 10.000 Begutachtungen absolviert. Wie die Bundesknappschaft für die dort Versicherten und die Medicproof für die Privatversicherten
ist der Medizinische Dienst Nordrhein als unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts für die gesetzlich Versicherten zuständig. Für Nordrhein sind das 6,3 Millionen Mitglieder. Der Medizinische Dienst Nordrhein hat 1419 Mitarbeiter, darunter 265 Ärzte und 641 Gutachter. Ex-Minister Norbert Blüm (CDU) ist der Vater der Pflegeversicherung. 71 Millionen Menschen sind bundesweit Mitglied der Pflegeversicherung, die seit 1995 eine
Pflichtversicherung ist. Der Beitrag von 3,4 Prozent wird paritätisch von Arbeitgebern und -nehmern übernommen.
Bundesweit nehmen 4,96 Millionen Menschen Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch, davon mit 4,17 Millionen die meisten ambulant. Dabei muss ein Antrag immer zuerst bei der jeweiligen Pflegekasse gestellt werden. Die beauftragen dann den Medizinischen Dienst, der sich bei einem Hausbesuch
einen Eindruck über die Pflegebedürftigkeit verschafft.
Wie er das tut und welche Punkte es wofür gibt, war sicher der interessanteste Teil des Vortrags, auf den die Zuhörer gewartet haben. Pflegebedürftig sind Menschen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe anderer bedürfen. Dabei geht es um körperliche, kognitive und psychische Aspekte. Der Gutachter geht einen Fragenkatalog nach sechs Modulen durch. Relevant sind dabei pflegerische Tätigkeit wie Körperpflege, Essen und Trinken, körperliche Aspekte (Mobilität, Bewegungsabläufe) und mentale, psychische Aspekte (Gedächtnis) oder die Behandlungspflege wie etwa die Medikamentation. In vier Kategorien werden Punkte vergeben. Pflegestufe eins wird ab 12,5 Punkten vergeben, zwei ab 27, drei ab 47,5, vier ab 70 und fünf ab 90 Punkten. Bei aller Pflege – am besten sei es, so lange wie möglich selbstständig zu bleiben.