Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Lidl eröffnet am 15. April neues Mega-Lager
Nur zwei Jahre nach Baubeginn ist das neue Lidl-Logistikzentrum eröffnet worden. Ab April werden von Grevenbroich aus 84 Filialen des Discounters beliefert – auch mit Tiefkühl-Ware. Das neue Lager ersetzt das alte. Wir stellen den riesigen Neubau vor.
GREVENBROICH Der größte Discounter der Welt hat am Freitag mit einer Feierstunde sein neues XXL-Logistikzentrum im Industriegebiet Ost eröffnet. Die Bauarbeiten auf dem fast 144.000 Quadratmeter großen Gelände sind so gut wie abgeschlossen, die ersten Waren stehen schon im Lager: Zu nennen wären da vor allem mehrere Zehntausend Liter Mineralwasser der Lidl-Eigenmarke Saskia, dazu palettenweise Coca-Cola – Schnelldreher fürs anstehende Ostergeschäft. Sie sind dort allerdings nur zwischengelagert. Denn der Startschuss für den Betrieb von „Grevenbroich II“, wie das Warenverteilzentrum bei Lidl genannt wird, fällt offiziell erst nach Ostern, und zwar am 15. April.
Noch sind die meisten Schwerlastregale auf der 48.000 Quadratmeter großen Logistikfläche leer. „Sie werden in den kommenden Wochen gefüllt“, sagt Betriebsleiter Alexander Manthey. Verteilt werden sollen ab Mitte April rund 3000 unterschiedliche Artikel aus dem Lidl-Sortiment auf zunächst 84 Filialen. Sie sollen einmal pro Tag beliefert werden, im Schnitt liegen sie 29 Kilometer entfernt. Perspektivisch bietet das neue Mega-Lager Kapazitäten für bis zu 110 Supermärkten.
„Grevenbroich II“soll das bisherige Lidl-Lager im Industriegebiet ersetzen: 1989 war es das erste des Discounters in Deutschland. Mit „nur“22.000 Quadratmetern Logistikfläche ist es inzwischen zu klein. Es soll künftig anders genutzt werden; an der Immobilie will Lidl wohl aber festhalten. Bürgermeister Klaus Krützen sagte bei der Eröffnung, dass er bei den ersten Gesprächen zur
Planung des Logistikzentrums nicht im Traum daran gedacht hätte, dass es schon fünf Jahre später Realität werden würde. Seine Worte hallten durch das Lager, als würde er in einer Kathedrale sprechen.
Für den Rathaus-Chef wichtig: Die bisherigen 250 Arbeitsplätze bleiben erhalten, 200 weitere kommen dazu. Und: Lidl zahlt über die Gewerbesteuer auch in die Stadtkasse ein. Krützen hob jedoch besonders hervor: „Wir können es uns nicht leisten, in Zeiten des Strukturwandels Arbeitsplätze zu verlieren.“Der Rathaus-Chef sprach von einer TeamLeistung, erwähnte aber besonders das Engagement des früheren Wirtschaftsförderers Ralf Müller.
Krützen ging ferner auf die Sorgen von Anwohnern an, die eine Zunahme des Lkw-Verkehrs und damit Lärm befürchten. Der Bürgermeister betonte: „Ich werde kritisch darauf achten, dass der Verkehr über die B 59 fließt“, also nicht durch Wevelinghoven oder Langwaden. Lidl arbeitet am Standort mit acht Speditionen zusammen. Für die Trucker gibt es einen eigenen Bau mit Duschen, Toiletten, Waschmaschine, Teeküche und Kaffeemaschine.
Tim Jankewitz, Geschäftsführer der Lidl-Regionalgesellschaft Grevenbroich,
Bauarbeiten Den Arbeitern ist es gelungen, den Neubau binnen 19 Monaten hochzuziehen; Innenausbau inklusive.
Baukörper Der Baukörper ist
395 Meter lang, 125 Meter breit und 20 Meter hoch. Es mussten Rohrleitungen auf einer Länge von 48 Kilometern verlegt werden, dazu
400 Kilometer Elektrokabel. Für den Brandschutz wurden 14.300 Sprinklerköpfe installiert. Und auf dem Dach 2560 PV-Module.
dankte der Stadt für die gute Zusammenarbeit. Er sagte, dass das neue Lager die Filialen künftig mit dem gesamten Sortiment bedienen kann. Ausnahmen sind frisches Obst und Gemüse. Neu ist, dass auch kühlpflichtige Waren wie Fleisch und Fisch in Grevenbroich kommissioniert werden können.
Dafür hat Lidl einen 5500 Quadratmeter großen Kühlschrank einbauen lassen, und noch dazu einen knapp 4000 Quadratmeter großen Tiefkühlbereich. Dort herrschen
Bauweise Das Logistikzentrum liegt im Erdbebengebiet. Es soll deshalb so stabil gebaut worden sein, dass es auch heftigen Erschütterungen (Bewegungen von bis zu 15 Zentimetern) standhalten kann.
Kreislauf Teil des Logistikzentrums ist eine große Entsorgungsstation. PET-Flaschen aus den Pfandautomaten der Filialen etwa werden dort zu Ballen gepresst.
Investition Lidl dürfte etliche Millionen Euro in das Projekt investiert haben. Die genaue Summe nennt das Unternehmen nicht.
frostige Temperaturen von minus 24 Grad. Eingesetzt werden sollen zur Kühlung ausschließlich natürliche Kältemittel. Andere Bereiche des Standorts, zum Beispiel die Verwaltung, sollen etwa durch die Abwärme der Kühlanlagen beheizt werden können.
Bei der Heizung will Lidl komplett auf fossile Energieträger verzichten. Überhaupt wird das Unternehmen, das zur mächtigen Schwarz-Gruppe gehört, nicht müde, den Neubau als umweltfreundlich zu verkaufen – auch wenn erhebliche Flächen versiegelt werden mussten. Der Strombedarf des Logistikzentrums soll laut Tim Jankewitz zu gut einem Drittel durch Energie gedeckt werden, die mit einer eigenen Fotovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt wird. Die Solartechnik soll jährlich eine Million Kilowattstunden liefern.
Auch auf Biodiversität geht Lidl ein: So hat das Unternehmen eine Blühwiese angelegt, die mit 4000 Quadratmetern in etwa so groß ist wie der riesige Tiefkühler. Bedeutsamer dürfte der ökologische Ausgleich sein, der bei Langwaden mit der Pflanzung von 20.000 Bäumen geschaffen wurde.
Wie der Betrieb im Lager in drei Wochen laufen soll, ist aktuell noch schwer vorstellbar. Betriebsleiter Alexander Manthey erklärte das den Besuchern der Eröffnungsfeier anhand des Beispiels Nutella. Wenn ein Lkw von Ferrero kommt, werden 33 Europaletten mit dem schokoladigen Brotaufstrich abgeladen. Die Paletten werden dann mit Gabelstaplern ins Hochregal gestellt. Ein kleiner Teil wird im „Erdgeschoss“gelagert. Die Kartons mit den Gläsern werden dort von Kommissionierern (es werden knapp 200 beschäftigt sein) nach Bedarf gegriffen und auf eine Palette mit den Waren gepackt, die der jeweilige Markt geordert hat. Die fertig gepackten Paletten werden danach auf die Reise geschickt.
Die „Einkaufslisten“der Supermärkte werden den Mitarbeitern im Lager vorgelesen. „Pick by Voice“nennt sich das System. Lidl hat zuletzt kräftig Personalakquise in Grevenbroich betrieben und nach eigenen Angaben knapp 200 Menschen eingestellt. Auf die Frage des Sozialdemokraten Klaus Krützen hieß es, dass die Logistiker nach dem Einzelhandelstarif bezahlt werden, und dass es ihnen freisteht, sich gewerkschaftlich zu organisieren.
Der größte Teil der Belegschaft wird vom alten Standort „übersiedeln“. Das gilt auch für den Betriebsleiter. Alexander Manthey findet sich in dem Neubau, in dem man sich leicht verirren kann, bereits ohne Lageplan zurecht. Tatsächlich ist nicht nur das Lager riesig. Auch die Verwaltung ist groß: Zahlreiche „Shared Desks“stehen dort für die Mitarbeiter bereit, dazu 19 Versammlungsräume, eine große Küche, Außenterrassen und geräuschgedämmte „Telefonzellen“für längere Gespräche. Es riecht noch nach neuem Teppichboden; die ersten Mitarbeiter haben vor wenigen Tagen ihre Arbeitsplätze bezogen.