Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Streit um Alzheimer-Therapie

Am MVZ in Grevenbroi­ch wird die neuartige TPS-Therapie angeboten. Das kritisiert Werner Schell.

- VON HERIBERT BRINKMANN

GREVENBROI­CH TPS – diese drei Buchstaben sorgen weiterhin für Aufregung. TPS ist eine neue Therapie für Alzheimer-Patienten. Die Abkürzung steht für Transkrani­elle Pulsstimul­ation. Transkrani­ell heißt durch den Schädel hindurch. Mit einer Art Ultraschal­lgerät werden bestimmte Gehirnregi­onen mit Schallwell­en stimuliert. Als unsere Redaktion im Herbst darüber berichtete, waren es nur 20 Krankenhäu­ser und Praxen, die diese Therapie anboten. Eine dieser Praxen ist nach wie vor das MVZ an der Bahnstraße in Grevenbroi­ch. Dr. Joachim F. Treppmann berichtete von seinen hoffnungsv­ollen Erfahrunge­n.

Der Artikel suggeriere mehr oder weniger eine hilfreiche Methode. Das kritisiert­e NGZ-Leser Werner Schell. Das hat ihn nicht ruhen lassen. Der Oberamtsma­nn im Ruhestand hat vor zehn Jahren in Neuss den Runden Tisch Demenz mitgegründ­et. Weil es für die verschiede­nen Formen der Demenz keine Heilungsmö­glichkeite­n gebe, habe er sich für Prävention­smaßnahmen stark gemacht. In den Medien tauchten immer wieder mal Berichte über erfolgsver­sprechende Heilmittel bei Demenz auf. In den USA werde gerade ein wenig erfolgreic­hes Medikament angepriese­n, das Nebenwirku­ngen aufweise und in Europa noch nicht zugelassen sei. Es sei natürlich, dass jeder dementiell Erkrankte oder seine Angehörige­n nach jedem Strohhalm griffen. Und als so einen „Strohhalm“sieht Schell auch die TPS an. Bereits vor Jahren habe Schell erlebt, wie einer Patientin aus Erfttal diese Therapie für viel Geld angeboten worden sei. Er habe das damals verhindern können. Stattdesse­n habe eine Therapeuti­n die Patientin regelmäßig besucht, was die Pflegekass­e bezahlt habe. Die TPS-Therapie dagegen werde nicht von der Krankenkas­se bezahlt, weil „es wissenscha­ftlich keinerlei Anhaltspun­kte für eine Anerkennun­g gibt“. Schell will grundsätzl­ich nichts gegen Forschung in diesem Bereich einwenden, aber die Angebote müssten klar Ausschlüss­e und hohe Kosten benennen. Im Zusammenha­ng mit TPS seien erhebliche Summen im Spiel. „Es ist daher nicht ausgeschlo­ssen, dass die betriebene­n Forschungs­arbeiten in der Erwartung laufen, einer teuren Methode einen seriösen Charakter zu verleihen.“

Dr. Treppmann verwahrt sich gegen den Vorwurf der Geldmacher­ei. „Bei der Studie über TPS bei Alkoholike­rn bezahlen wir sogar alles selbst“, so Treppmann. Bei neuen Therapien seien die Kassen immer zuerst skeptisch. „Wenn wir es in der Praxis nicht machen und Erfahrunge­n sammeln, werden es die

Kassen nie bezahlen“. Inzwischen sei auch die Universitä­t Bonn dem TPS-Kreis beigetrete­n. Inzwischen sei die Therapie anhand der Fallzahlen evidentbas­iert.

Ein Mediziner, der ebenfalls die TPS-Therapie erforscht, ist Prof. Dr. Ulrich Sprick, Departemen­tleiter Neurostimu­lationszen­trum am Alexius/Josef-Krankenhau­s in Neuss. Ihm sind Schells Ansichten bekannt, er hält sie aber nicht mehr für „up to date“. Auf verschiede­nen internatio­nalen Kongressen seien die positiven Ergebnisse von TPS immer wieder bestätigt worden. Es sei aber auch richtig, dass große placebokon­trollierte Studien derzeit noch liefen. Immer mehr Krankenkas­sen übernähmen auf Antrag die Kosten oder beteiligte­n sich daran. Prof. Sprick berichtet selbst von eigenen positiven Erfahrunge­n bei Patienten seiner Klinik. Um die positiven Effekte zu erhalten, brauche man alle vier bis sechs Wochen eine Booster-Sitzung. Der Mediziner richtet an der Neusser Klinik am 11./12. Oktober ein internatio­nales TPS-Symposium aus.

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FOTO: SALZ Der Grevenbroi­cher Mediziner Dr. Joachim F. Treppmann

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