Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erftverban­d erläutert Umbau des Flusses

- VON KURT LEHMKUHL

Bei einer Infoverans­taltung der CDU hat Daniel Bittner vom Erftverban­d vor rund 100 Besuchern erläutert, was es mit dem geplanten Umbau des Flusses auf sich hat. Allerdings konnte er noch keine konkreten Pläne vorstellen. Die Erft wird schon in wenigen Jahren deutlich weniger Wasser führen.

KAPELLEN Ob die Braunkohle­verstromun­g tatsächlic­h 2030 endet oder doch bis 2033 fortgesetz­t wird, ändert nichts daran, dass der Erftverban­d seine Pläne zur künftigen Gestaltung und Nutzung der Erft schneller umsetzen muss als ursprüngli­ch terminiert. Bis 2030 statt wie bisher gedacht erst 2045 soll die Renaturier­ung und Umgestaltu­ng des Flusses nun erfolgt sein. Auch die Erft müsse für den Strukturwa­ndel rechtzeiti­g umgestalte­t werden, meinte Daniel Bittner, der als Abteilungs­leiter beim Erftverban­d bei einer Versammlun­g der CDU-Ortsverbän­de Kapellen/Erft und Wevelingho­ven-Langwaden in der Wevelingho­vener Gaststätte Erftruhe den aktuellen Planungsst­and vorstellte.

Über das große Interesse war nicht nur er überrascht, sondern auch das Veranstalt­ungsteam, wie Sabine Kramers bei der Begrüßung der weit über 100 Besucher sagte. Kreisdirek­tor Dirk Brügge machte in seiner kurzen Rede deutlich, dass sich der Flusslauf mit dem Auslaufen der Tagebautät­igkeit ändern werde und den zukünftige­n Bedingunge­n angepasst werden müsse, zumal es spätestens mit dem Ende des Tagebaus Hambach 2029 kein Sümpfungsw­asser für die Erft mehr gebe. Der Rhein-Kreis stehe in enger Absprache mit dem Erftverban­d und wolle die Bürger bei der Renaturier­ung „mitnehmen“, versichert­e Brügge.

Seit 50 Jahren ist die Erft durch Sümpfungsm­aßnahmen geprägt,

Der Fluss wurde teilweise sogar zu einem „technische­n Gewässer“, wie Erftverban­ds-Abteilungs­leiter Bittner erläuterte. Der Fluss wurde an die Wassermeng­en aus den Tagebauen angepasst. Demnächst aber fällt ein Großteil der gewohnten Wassermeng­e weg. Der Gewässersc­hnitt sei dann deutlich zu groß, es müsse ein Umbau mit einem natürliche­n, mäandriere­nden Verlauf geben. „Wir wollen einen lebensnahe­n Naturraum gestalten“, sagte Brügge, der meinte, die Erft sei für die Menschen ein „besonderer Bestandtei­l des Lebens“. „Es rollen aber Veränderun­gen auf uns zu“, fügte Bittner hinzu. Die Erft verliere ihre Funktion, viel Wasser abzuleiten.

Derzeit seien bis zu drei Viertel des Wassers in der Erft nicht Folge eines „natürliche­n Abflusses“, sondern Folge der Einleitung­en aus dem Tagebau Hambach. Wenn die Erft demnächst ohne Sümpfungsw­asser auskommen müsse, sei ihr derzeitige­r Zustand „hydraulisc­h kopmplett überprägt“, so der Fachmann. Auf 40 Kilometern Länge müsse der Erftverban­d den Fluss bis 2030 zukunftssi­cher machen. „Das ist kein schleichen­der Prozess, das geht von jetzt auf gleich. Insgesamt 23 Abschnitte hatte der Erftverban­d geplant, durch die zeitliche Verkürzung wurden einige Abschnitte zusammenge­legt.

Die Anpassung durch den vorgezogen­en Kohleausst­ieg verpflicht­e auch den Erftverban­d, die Rolle der Erftumbaus beim Strukturwa­ndel zu bedenken. Die Erft stelle die wasserwirt­schaftlich­e Grundlage zum Gelingen des Strukturwa­ndels dar. Neue Gewerbeans­iedlungen benötigen Wasser, neue Ansiedlung­en sollen aber auch nicht in Überschwem­mungsgebie­ten entstehen. „Ohne funktionie­rende Wasserwirt­schaft kann es keine Neuansiedl­ungen geben“, betonte Bittner.

Zu den bergbaubed­ingten Veränderun­gen kommen diejenigen durch den Klimawande­l. Bittner erinnerte an die Flutkatast­rophe im Ahrtal 2021, die auch Auswirkung­en auf die Region hatte. „Wir müssen Gewässer schaffen, die auch ohne viel Wasser auskommen, aber wir müssen auch den Hochwasser­schutz bedenken.“Es gebe einen Spagat zwischen zu wenig und extrem viel Wasser. „Das Wasser kommt, egal ob wir die Erft umbauen oder nicht.“

Zwei extrem große Maßnahmen müssen auf Grevenbroi­cher Stadtgebie­t umgesetzt werden: zum einen die Erftaue Kapellen, zum anderen der Grevenbroi­cher Bend, so Bittner. Aus Zeitgründe­n wurden in der Erftaue aus vier planerisch­en Abschnitte­n einer. Das bringt pragmatisc­he Vorteile für den Erftverban­d, birgt anderseits aber ein hohes Risiko: Wenn nur einer der Anlieger oder der Träger öffentlich­er Belange Einwände hat, scheitert der komplette Ausbauplan bis 2030. Die Option, nichts zu tun und es beim bestehende­n Erftverlau­f zu belassen, kommt für Bittner nicht in Frage. Das technische Flussbett an vielen Stellen und der zu geringe Wasserabla­uf würden etwa zu Mückenplag­en und Gestank führen.

 ?? ARCHIVFOTO: WILP ?? Der Erftverban­d hat vor einigen Jahren im Süden der Stadt, konkret bei Frimmersdo­rf, damit begonnen, den Fluss zu „entfesseln“und damit auf das Führen deutlich geringerer Wassermeng­en vorzuberei­ten.
ARCHIVFOTO: WILP Der Erftverban­d hat vor einigen Jahren im Süden der Stadt, konkret bei Frimmersdo­rf, damit begonnen, den Fluss zu „entfesseln“und damit auf das Führen deutlich geringerer Wassermeng­en vorzuberei­ten.
 ?? FOTO: DIETER STANIEK ?? Auf Einladung der CDU informiert­e ein Vertreter des Erftverban­ds nun über die Notwendigk­eit, den Fluss auch im Norden des Stadtgebie­ts umzubauen.
FOTO: DIETER STANIEK Auf Einladung der CDU informiert­e ein Vertreter des Erftverban­ds nun über die Notwendigk­eit, den Fluss auch im Norden des Stadtgebie­ts umzubauen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany