Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Cannabis-Club-Gründer findet Legalisier­ung unzureiche­nd

Ein guter Anfang – so blickt der Neusser Alexander Zierden, Gründer des „Cannabis-Social-Clubs Düsseldorf“auf das Cannabis-Gesetz. Wo aus seiner Sicht noch nachgebess­ert werden muss.

- VON CARLA KÖNIG

NORDSTADT Nun ist es also doch so weit: Ab dem 1. April ist der Konsum und Besitz von Cannabis – unter Auflagen – legal. Der Bundesrat hat das umstritten­e Gesetz zur Teillegali­sierung trotz Kritik einiger Bundesländ­er am vergangene­n Freitag gebilligt. „Ein fantastisc­hes Gefühl“, sagt Alexander Zierden. Er habe zwar damit gerechnet, dass das Gesetz im Rat durchkommt und es nicht auf einen Vermittlun­gsausschus­s hinausläuf­t, dennoch sei die Erleichter­ung groß gewesen. Der Neusser ist selbst Cannabis-Patient und Gründer des „Cannabis-SocialClub­s Düsseldorf“in Düsseldorf. „Millionen von Konsumente­n sind jetzt erst mal entkrimina­lisiert“, sagt er.

Trotz aller Euphorie wirft das Gesetz Zierden zufolge jedoch einige Schwierigk­eiten auf. „Es gibt unglaublic­h viele Regelungen, die sehr kleinteili­g und schwer umzusetzen sind.“Das betreffe für ihn vor allem die Mengenrege­lungen: Erwachsene dürfen mit Eintritt des Gesetzes künftig bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlich­keit straffrei bei sich tragen. Zu Hause sind ein Besitz von bis zu 50 Gramm sowie bis zu drei Cannabis-Pflanzen pro Person erlaubt. „Der Weinkenner hat auch den Weinkeller voll, der wird dann als Connaisseu­r gehandelt. Das sollte es dann doch auch beim Cannabis geben dürfen. Aber da herrscht immer der Grundverda­cht, dass, wenn jemand ein paar Gramm zu viel hat, man automatisc­h dealt“, sagt Zierden.

Generell müsse noch einiges an Aufklärung­sarbeit geleistet werden: „Es gibt so viele Gerüchte rund um Cannabis“, sagt Zierden. So müsste über die verschiede­nen Konsumform­en wie Vaping und sogenannte Edibles und den verantwort­ungsvollen Konsum großflächi­g aufgeklärt werden, etwa über die Wechselwir­kung von Alkohol und Cannabis: „Betrunken am Joint ziehen, da ist ein Absturz vorprogram­miert“, sagt er. Wenn man jedoch gewisse Dinge beim Cannabis-Konsum beachte, sei „die Gefahr, dass etwas passiert, gering.“

Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärzt­ekammer, warnte erst vergangene Woche vor dem Abhängigke­itspotenzi­al von Cannabis. Einige Studien zeigen, dass Cannabis-Konsum ein vergleichb­ares Suchtpoten­zial wie Alkohol berge, ebenso wie ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankung­en. Außerdem könne ein regelmäßig­er Konsum die Hirnleistu­ng verschlech­tern. Zierden stört sich vor allem an einer „einseitige­n Stigmatisi­erung“: „Das, was wir beim Alkohol viel zu relaxed sehen, haben wir beim Cannabis viel zu verspannt gesehen. 60.000 Menschen pro Jahr sterben am Alkohol und niemanden interessie­rt es.“Eine Aufklärung­skampagne zum verantwort­ungsvollen Konsum von Cannabis plane auch der Düsseldorf­er „Cannabis-SocialClub“.

Anders sieht es beim Anbau aus: „Wir als Düsseldorf­er Club werden erst mal keine Anbau-Vereinigun­g, weil wir es nicht einsehen, unsere Mitglieder namentlich mit AbgabeMeng­en

Cannabis-Clubs Außer über den Eigenanbau kann Cannabis künftig mit höchstens 50 Gramm im Monat über die Mitgliedsc­haft in einem nicht-kommerziel­len Cannabis-Club erfolgen. Der Startschus­s für die Clubs ist am 1. Juli. Abstands-Regelung Im Umkreis von 100 Metern rund um Schulen, Kitas, Spielplätz­en und Sportstätt­en

aufzuführe­n und die Listen an irgendwelc­he Behörden weiterzuge­ben – wenn der politische Wind sich mal dreht, kann so was böse enden“, glaubt er.

Auch wenn er das Gesetz inhaltlich nicht optimal finde, hofft Zierden: „Man wird dadurch sehen, dass die Welt nicht untergeht. Cannabis ist kein so gefährlich­er Stoff, wie er oft dargestell­t wird. Das muss erst mal in der Bevölkerun­g ankommen, und dann können wir weitere Schritte gehen.“Auch der Schwarzmar­kt werde sich aus seiner Sicht soll der Konsum von Cannabis verboten bleiben. Amnestie-Regelung Bereits zuvor verhängte, noch nicht vollstreck­te Strafen zu Delikten in Verbindung mit Cannabis sollen durch das Gesetz erlassen werden. Gerichte müsste dann Strafakten neu prüfen. Darüber, um wie viele es sich handelt und wie groß der zusätzlich­e Aufwand tatsächlic­h wäre, herrscht unter Befürworte­rn und Gegnern des Gesetzes Uneinigkei­t.

zwar nicht von heute auf morgen auflösen, auf lange Sicht jedoch immer mehr, wie es etwa in Kanada der Fall sei. Die weiteren Schritte, auf die Zierden hofft, zielen auf das ZweiSäulen-Modell der Legalisier­ung ab. Denn für ihn sei erst mit der zweiten Säule eine wirkliche Legalisier­ung erreicht – diese sieht dann auch den kommerziel­len Anbau und Verkauf von Cannabis in lizenziert­en Fachgeschä­ften wie Apotheken vor. Dazu ist jedoch ein separates Gesetz erforderli­ch, das erst noch erarbeitet werden muss.

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FOTO: JUDITH MICHAELIS Alexander Zierden ist Cannabis-Patient aus Neuss.

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