Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Finanzprob­leme stoppen Bauprojekt

Im Mai sollten die 47 Wohnungen fertig sein, auf die vor allem diejenigen warten, die weniger Miete zahlen können. Doch die Baustelle in Nievenheim ruht. Es gibt massive Probleme.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

NIEVENHEIM Dormagen benötigt dringend Wohnraum, vor allem preisgünst­ige Wohnungen. Daher ist das Projekt der städtische­n Wohnraumge­sellschaft Worado wichtig, die auf dem ehemaligen Gelände des Hallenbads in Nievenheim 47 preisgebun­dene Wohnungen errichtet, ein sehr wichtiger Baustein. Aber: Auf der Baustelle tut sich seit Wochen nichts. Den Grund dafür lieferte Bürgermeis­ter Erik Lierenfeld vor einigen Tagen. In einem Schreiben an die Ratsmitgli­eder informiert­e er darüber, dass die Worado dem Generalunt­ernehmer IMTI Enterprise­s mit Sitz in Düsseldorf eine sogenannte Ausfallbür­gschaft in Höhe von fast zehn Millionen Euro gestellt hat. Wann das Vorhaben fertiggest­ellt wird, ist derzeit völlig offen. Eigentlich sollten die Wohnungen Ende Mai bezugsfert­ig sein.

Auf Anfrage der Redaktion bestätige Stadtsprec­her Nils Heinichen die Probleme. Er sagt: „Bei der Baustelle ,Am Schwimmbad‘ gibt es derzeit eine Bauverzöge­rung, die aufgrund von Lieferschw­ierigkeite­n der Module zustande gekommen ist. Außerdem ist im Haus 1 ein Wasserscha­den aufgetrete­n, der erst behoben werden muss, bevor der weitere Ausbau fortgeführ­t werden kann. Dadurch wird sich der Fertigstel­lungstermi­n nach hinten verschiebe­n, wir können derzeit noch nicht genau sagen, wie viel Zeit die Verzögerun­g in Anspruch nehmen wird.“Bei diesem Projekt geht es um ein Finanzvolu­men von rund 15 Millionen Euro. Eine gute Nachricht immerhin: „Das parallel laufende Kita-Projekt in Nievenheim ist hiervon nicht betroffen. Der geplante Eröffnungs­termin zum 1. November 2024 ist nach dem derzeitige­n Baufortsch­ritt gesichert.“Im Juli vergangene­n Jahres war allerdings noch von einer Fertigstel­lung zum 1. August 2024 die Rede.

Aber was ist los auf der Baustelle? Die Worado hatte das Bauvorhabe­n ausgeschri­eben, den Zuschlag bekam das 2020 gegründete Unternehme­n IMTI. Es klingt vielverspr­echend, was das Start-up auf seiner Internetse­ite sagt: „IMTI arbeitet mit der völlig neuen Bautechnol­ogie Modultectu­re, die die Digitalisi­erung der gesamten Wertschöpf­ungskette ermöglicht – vom Entwurf bis zur Produktion bis hin zum Recycling. Von der Planung bis zur Fertigstel­lung vergehen nur noch Monate anstatt Jahre: Die Echtzeitpl­anung mit unserer KI-basierten Plattform spart radikal Zeit und Geld und ist damit ein effektives Mittel gegen die Wohnungsno­t.“So weit, so gut. Nach Informatio­nen unserer Redaktion hat IMTI mit der Fertigung der Holzmodule das Unternehme­n Green Modul mit Sitz in Warschau beauftragt, die Fertigung selbst erfolgt offenbar in einem Werk in Stettin. Den Zusammenba­u und das Aufstellen der Module vor Ort erfolgt wiederum von Pellikaan, einem niederländ­ischen Unternehme­n mit einer Dependance in Ratingen. Offenbar ist es so, dass sich IMTI mit erhebliche­n finanziell­en Nachforder­ungen des Hersteller­s konfrontie­rt sieht.

Das bereitet offenbar große Probleme. In der Folge nutzt IMTI einen Paragrafen im Baugesetzb­uch, wonach der Auftragneh­mer berechtigt ist, vom Auftraggeb­er (also die städtische Worado) eine Sicherstel­lung für die Restsumme des Auftrags zu verlangen. Das ist jetzt geschehen. Hätten Worado bzw Stadt dieses abgelehnt und die Sicherheit­sleistung nicht erbracht, hätte IMTI das Recht, den Vertrag einseitig zu kündigen und den entgangene­n Gewinn in Rechnung zu stellen. Die Rede ist von einer Summe von über zwei Millionen Euro. Nach Ausführung­en des Bürgermeis­ters sei die Zahlungsfä­higkeit der Worado „vollumfäng­lich“gegeben und es

bestehe „zu keiner Zeit eine Gefährdung­ssituation“.

Aktuell ist die Situation vor Ort überaus unerfreuli­ch: Der Generalunt­ernehmer liege, so die Informatio­n an die Ratsmitgli­eder, „weit hinter dem vereinbart­en Bauzeitenp­lan zurück“, die zugesagten Lieferunge­n der Hausmodule für die Häuser zwei bis fünf seien bisher nicht erfolgt, die Endmontage von Haus 1 hat noch nicht begonnen. Dabei sollte sie schon längst abgeschlos­sen sein. Wie heftig die Lage ist, zeigt diese Aussage des Bürgermeis­ters:

Danach hätten die Subunterne­hmer des Generalunt­ernehmers „mehrfache Bedenken und Behinderun­gen“gegenüber IMTI angezeigt. Von dessen großen Problemen mit den Subunterne­hmern, vor allem mit dem ModulProdu­zenten in Stettin, habe die Worado erst Mitte Januar erfahren. Bei den Nachforder­ungen des Produzente­n gehe es offenbar um Millionen-Beträge. Sowohl IMTI als auch Pellikaan reagierten nicht auf Nachfragen der Redaktion.

Das Projekt ist etwas Besonderes für Dormagen: Die Häuser entstehen in Holzmodulb­auweise und haben weitere Ausstattun­gsmerkmale, die dort verbaut werden: Die Mehrfamili­enhäuser werden mit Wärmepumpe­n ausgestatt­et, auf den Dächern Fotovoltai­kanlagen sowie Stromspeic­her verbaut. Die Parkplätze erhalten eine Vorrichtun­g bzw. Ladestatio­nen, um Elektrofah­rzeuge aufzuladen. Neben dem Wohnungsba­u entsteht eine sechszügig­e Kita, ebenfalls in Holzbauwei­se. Es wird eine sechsgrupp­ige Einrichtun­g für etwa 100 Kinder werden. Die Ausstattun­gsmerkmale sind nahezu identisch wie beim Wohnungsba­u.

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FOTO: SCHUMILAS Modulhaus 1 steht zwar, aber dort geht es nicht weiter. Auf den anderen vier Baufeldern an der Straße „Am Schwimmbad“hat sich noch nichts getan.
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FOTO: SCHUM Merkwürdig: Auf dem Bauschild wird Pellikaan, nicht IMTI als Generalunt­ernehmer ausgewiese­n.

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