Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Berührendes Musizieren zum Palmsonntag in der Basilika
KNECHTSTEDEN „Lassen Sie uns das Heilsgeschehen erkunden“, stimmte Pater Wegner auf den Kammerchor an der Basilika Knechtsteden ein. Der Rector Ecclesiae hatte nicht zuviel angedeutet, denn diesmal waren Gesang und Orgelspiel im wahrsten Sinne des Wortes vielstimmig. Latein, Englisch, Deutsch und sogar Rumänisch erklangen die Klagegesänge, die immer auch einen Trost bargen. An der Orgel trug Torsten Laux von der Musikhochschule Düsseldorf zum Gelingen des sonntäglichen Nachmittags bei.
Im Halbrund gruppierten sich unter der gekonnten Leitung von Feliks Sokol 18 Sänger und Sängerinnen im Altarraum und zelebrierten fast eher als dass ihr Gesang allein für sich stand. Der eingängige Choralsatz Herzogenbergs und nur scheinbar unpassender Liturgischer Gesang „Freue dich, du Tochter Zion“löste sich ab mit „Deus, Deus meus, respice in me“von Sigismondo d’India. Dieser italienische Meister polyphoner A-capella-Vokalmusik des 17. Jahrhunderts setzte die zentrale Klage der Karwoche in Töne: „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“
Versöhnlicher erklang das „Ave Maria“des Ungarn Laszlo Halmos. Bei Girolamo Frescobaldis Orgelsatz „Bergamasca“, vorgetragen von Torsten Laux, konnten die Besucher durchatmen, bevor sie bei „Caligaverunt oculi mei“des spanischen Priesters und Komponisten wieder einem Klagegesang lauschten. Der beschwor tiefe Verzweiflung und
Verlassenheit und war textlich dem Buch Hiob nachempfunden. Nach einigen Stücken ergab sich bereits die Frage, ob Musik egal welcher Intensität und Ausdrucksstärke, dem hochdramatischen Geschehen der Karwoche überhaupt gerecht werden kann. Darauf schien der Kammerchor mit der Auswahl seiner Gesangsstücke unter dem wunderbaren Dirigieren von Feliks Sokol Rücksicht zu nehmen. Waren die zugrunde liegenden Texte bereits Gebeten oder Psalmen entlehnt, so verstärkte die musikalische Präsentation noch erheblich die Konzentration des Publikums und steuerte auf dem direkten Weg auf die Botschaft des Tages zu. „Freue Dich, Tochter Zion“, diesmal vom zeitgenössischen ukrainischen Komponisten Alexander Tarasenko kredenzt, war die Antwort auf alles Klagen. Verstärkt durch das titelgebende Schubertsche Antiphonstück zog gregorianisch anmutender Gesang durch die aufnahmebereite Basilika, verstärkt durch das „Sanctus, Sanctus, Sanctus“desselben romantischen Tonsetzers. „Peace“erflehte und ließ im „Earth Song“besingen der Autor Frank Ticheli, die Rückkehr ins 18. Jahrhundert markierte Carl Heinrich Graun mit seinem „Lasset uns aufsehen auf Jesum“. Wahren Trost intonierte schlussendlich Wolfgang Carl Briegel, im 18. Jahrhundert Kapellmeister in Gotha, mit seinem „Siehe, dein König kommt zu dir“. Als Zugabe improvisierte Organist Torsten Laux die ukrainische Nationalhymne und schloss auch Europa mit ein – ein fälliger Appell in der Karwoche.