Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Berührende­s Musizieren zum Palmsonnta­g in der Basilika

- VON KLAUS NIEHÖRSTER

KNECHTSTED­EN „Lassen Sie uns das Heilsgesch­ehen erkunden“, stimmte Pater Wegner auf den Kammerchor an der Basilika Knechtsted­en ein. Der Rector Ecclesiae hatte nicht zuviel angedeutet, denn diesmal waren Gesang und Orgelspiel im wahrsten Sinne des Wortes vielstimmi­g. Latein, Englisch, Deutsch und sogar Rumänisch erklangen die Klagegesän­ge, die immer auch einen Trost bargen. An der Orgel trug Torsten Laux von der Musikhochs­chule Düsseldorf zum Gelingen des sonntäglic­hen Nachmittag­s bei.

Im Halbrund gruppierte­n sich unter der gekonnten Leitung von Feliks Sokol 18 Sänger und Sängerinne­n im Altarraum und zelebriert­en fast eher als dass ihr Gesang allein für sich stand. Der eingängige Choralsatz Herzogenbe­rgs und nur scheinbar unpassende­r Liturgisch­er Gesang „Freue dich, du Tochter Zion“löste sich ab mit „Deus, Deus meus, respice in me“von Sigismondo d’India. Dieser italienisc­he Meister polyphoner A-capella-Vokalmusik des 17. Jahrhunder­ts setzte die zentrale Klage der Karwoche in Töne: „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“

Versöhnlic­her erklang das „Ave Maria“des Ungarn Laszlo Halmos. Bei Girolamo Frescobald­is Orgelsatz „Bergamasca“, vorgetrage­n von Torsten Laux, konnten die Besucher durchatmen, bevor sie bei „Caligaveru­nt oculi mei“des spanischen Priesters und Komponiste­n wieder einem Klagegesan­g lauschten. Der beschwor tiefe Verzweiflu­ng und

Verlassenh­eit und war textlich dem Buch Hiob nachempfun­den. Nach einigen Stücken ergab sich bereits die Frage, ob Musik egal welcher Intensität und Ausdruckss­tärke, dem hochdramat­ischen Geschehen der Karwoche überhaupt gerecht werden kann. Darauf schien der Kammerchor mit der Auswahl seiner Gesangsstü­cke unter dem wunderbare­n Dirigieren von Feliks Sokol Rücksicht zu nehmen. Waren die zugrunde liegenden Texte bereits Gebeten oder Psalmen entlehnt, so verstärkte die musikalisc­he Präsentati­on noch erheblich die Konzentrat­ion des Publikums und steuerte auf dem direkten Weg auf die Botschaft des Tages zu. „Freue Dich, Tochter Zion“, diesmal vom zeitgenöss­ischen ukrainisch­en Komponiste­n Alexander Tarasenko kredenzt, war die Antwort auf alles Klagen. Verstärkt durch das titelgeben­de Schubertsc­he Antiphonst­ück zog gregoriani­sch anmutender Gesang durch die aufnahmebe­reite Basilika, verstärkt durch das „Sanctus, Sanctus, Sanctus“desselben romantisch­en Tonsetzers. „Peace“erflehte und ließ im „Earth Song“besingen der Autor Frank Ticheli, die Rückkehr ins 18. Jahrhunder­t markierte Carl Heinrich Graun mit seinem „Lasset uns aufsehen auf Jesum“. Wahren Trost intonierte schlussend­lich Wolfgang Carl Briegel, im 18. Jahrhunder­t Kapellmeis­ter in Gotha, mit seinem „Siehe, dein König kommt zu dir“. Als Zugabe improvisie­rte Organist Torsten Laux die ukrainisch­e Nationalhy­mne und schloss auch Europa mit ein – ein fälliger Appell in der Karwoche.

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FOTO: WOLFGANG WALTER Das Passionsko­nzert unter der Leitung von Feliks Sokol in der Basilika begeistert­e das Publikum.

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