Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Schüler bekommen Crashkurs fürs Leben
Normalerweise gehören Gedichtanalysen und Integralrechnungen zum Alltag an der ComeniusGesamtschule in Neuss. Für alltägliche Themen wie Steuern, Wohnen oder Finanzen bleibt da selten Zeit – außer am Zukunftstag. Was die Schüler im Rahmen dieses Projekts vermittelt bekommen.
NEUSS Wie funktioniert das eigentlich mit der Steuererklärung? Wie finde ich eine Wohnung und zu welcher Krankenkassen soll ich überhaupt gehen? Mit lebenspraktischen Fragen wie diesen beschäftigten sich diese Woche die Schülerinnen und Schüler der elften Klasse der Comenius-Gesamtschule. Im Rahmen des Zukunftstags, der nun schon zum zweiten Mal an der Gesamtschule stattfand, konnten die Elftklässler in Gruppen Workshops zu den Themen Finanzen, Wohnen, Steuern und Krankenkasse besuchen.
Der „Crashkurs fürs Leben“ermöglicht Schülern; das Grundlagenwissen von Profis aus den jeweiligen Branchen zu lernen. „Die Ahnungslosigkeit der meisten Schüler ist wirklich erschreckend. Viele haben wirklich gar keine Ahnung von dem, was im Leben auf die zukommt“, sagte Immobilienmakler Manfred von Preußen, der den Workshop „Wohnen“betreute, erschüttert.
Dass ein großer Aufklärungsbedarf bei diesen alltäglichen Dingen besteht, merkt auch Katharina Schneider, die für die Berufsberatung der Oberstufe an der Comenius-Gesamtschule verantwortlich ist: „Fragen zu solchen Themen, die heute hier behandelt werden, fallen bei den Kindern oft an.“Bei der Suche nach Möglichkeiten, den Schülern das nötige Wissen zu vermitteln, ist die Schule auf den Zukunftstag der Initiative für wirtschaftliche Jugendbildung aufmerksam geworden. Der soll nun aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen aus der Schülerschaft zur Routineveranstaltung an der weiterführenden Schule in der Neusser Pomona werden.
Dass sich so ein Workshop nicht ausschließlich auf einen einzelnen Themenkomplex beschränkt, sondern auch andere Bereiche des Lebens umfasst, ist Manfred von Preußen besonders wichtig. So ging es in seinem Kurs zum Thema Wohnen nicht nur um den Unterschied von Kalt- und Warmmiete, sondern auch um das optimale Auftreten eines Mietbewerbers, dessen
Qualitäten und die Eigenverantwortung, die ein selbstständiges Leben mit sich bringt. „Wie ihr später einmal wohnt, liegt in eurer eigenen Hand“, ermahnte der Wirtschaftswissenschaftler die Jugendlichen. Die Präsentation hinter ihm zeigte triste graue Betonkomplexe neben einem freundlichen modernen Einfamilienhaus im Grünen. „Was ihr aus euch macht, das bestimmt, wo ihr landet“, fügte er hinzu.
Manfred von Preußen hatte die ganze Aufmerksamkeit der Jugendlichen für sich und nutzte die knappe Stunde Vortragszeit, um möglichst viel seiner eigenen Erfahrungen zu teilen und einen Eindruck von der
Gruppe zu bekommen. Ausgestattet mit jeder Menge Tipps, Tricks und guter Ratschläge verließen die Elftklässler im Anschluss den Raum, um die Mittagspause zu nutzen.
Viele blieben aber doch noch zurück, um den Makler dann in persönlichen Angelegenheiten um Rat zu fragen. „Herr von Preußen muss das schon oft gemacht haben“, sagte Memethan Tas nach dem Workshop in der Schule mit einem ehrfürchtigen Blick in Richtung des Referenten. „Ich habe auf jeden Fall gelernt, was ich beim Mieten beachten soll. Viele Sachen wusste ich einfach nicht.“
Auch Lukas Lischka und Marcel Adametz, die das Thema Krankenkasse vorstellten, finden: „Nach der Schule weiß man eigentlich gar nichts über die lebensnotwendigen Themen.“Marcel Adametz erzählte: „Als die Anfrage kam, wer aus unserer Firma beim Zukunftstag mitmacht, war ich ziemlich überzeugt, dass ich das machen will. Man muss wissen, was einen erwartet, damit man in keine Fallen tappt.“Steuerberaterin Alina Reischel ist sich sicher: „Die Schüler haben hier heute definitiv etwas mitgenommen. Dabei sind Steuern ein wirklich komplexes Thema.“
Auch der Leiter des Projekttags Raphael Jost zeigte sich zufrieden mit seiner Arbeit und der seiner Kollegen. „Diese Wissensvermittlung hat mir auch in der Schule gefehlt. Das Konzept ist einfach mega genial“, schwärmte der Ehrenamtler, der in den vergangenen Monaten bereits über zwanzig Zukunftstage organisiert hat. „Wissen ist einfach goldwert.“