Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

50? 70? Tempo-Wirrwarr auf Landstraße

Die L142 zwischen Jägerhof und Kreuzung zur B477 ist nur zwei Kilometer lang. Auf dem kurzen Stück wechseln sich die Tempolimit­s von 50 und 70 km/h ab. Immer wieder werden Fahrer geblitzt. Manch einer wittert Abzocke.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

JÄGERHOF Wer auf dem Landweg von Grevenbroi­ch nach Neuss oder umgekehrt will, der fährt mit hoher Wahrschein­lichkeit über die Landstraße 142. Ein Stück dieser Straße verläuft zwischen dem Jägerhof und der Ampelkreuz­ung zur B477. Es ist nur rund zwei Kilometer lang – und berüchtigt: Regelmäßig wird dort Jagd auf Temposünde­r gemacht. Immer wieder werden Radarfalle­n etwa im Bereich „Bilderstöc­kchen“gesichtet. Man darf annehmen, dass Fahrer nicht selten in die Falle rauschen, denn auf keiner anderen Landstraße im Stadtgebie­t wechseln die Tempolimit­s so häufig wie dort.

Wer auf der Straße (egal in welche Richtung) unterwegs ist, muss sich auf dem zwei Kilometer langen Abschnitt insgesamt sechsmal auf ein neues Limit einstellen: Wer auf 70 Kilometer pro Stunde beschleuni­gt, muss nach wenigen Metern wieder auf Tempo 50 abbremsen, um kurz darauf wieder auf 70 zu beschleuni­gen – und so weiter. Einer, der die Strecke regelmäßig fährt, ist der Weckhovene­r Bernd Freiburg. Er hat sich die Mühe gemacht, mithilfe eines Kilometerz­ählers die Längen der einzelnen Limit-Abschnitte zu ermitteln.

Wer aus Richtung Jägerhof kommt, kann demnach erst einmal 700 Meter lang mit Tempo 70 fahren – und muss das erste Mal vor dem Strategisc­hen Bahndamm auf 50 abbremsen. Der Damm kreuzt die Strecke. Das Limit gilt 200 Meter. Ebenfalls auf 200 Metern geht es dann mit Tempo 70 weiter. Bei Gut Neuhaus folgt: Tempo 50. Auf 200 Metern. Und dann wieder Tempo 70 – für immerhin 400 Meter. Dann aber: 50 für 100 Meter im Bereich „Bilderstöc­kchen“. Und schließlic­h können Fahrer mit Tempo 70 die letzten 300 Meter auf die Kreuzung hin zur B477 rollen.

Das ständige Beschleuni­gen und wieder Abbremsen und die Sorge, in diesem Wirrwarr geblitzt zu werden, löst bei vielen Fahrern Stirnrunze­ln aus. „Was die zuständige­n Behörden den Autofahrer­n auf dieser Straße zumuten, kann man eigentlich nur als komplette Dreistigke­it bezeichnen“, sagt Bernd Freiburg. Der Abschnitt mit Tempo 50 auf Höhe des Bahndamms sei erst vor drei Jahren eingericht­et worden – „und hat die absurde Verkehrsfü­hrung komplettie­rt“. Die Kürze der jeweiligen Abschnitte lasse eine sinnvolle Befolgung der Verkehrsre­geln nicht zu, weshalb Freiburg auch die Geschwindi­gkeitskont­rollen kritisch sieht. „Das riecht nach Abzocke“, sagt er bei einem Ortsbesuch unserer Redaktion.

Der Vorschlag des Weckhovene­rs: ein Kompromiss, nämlich ein Tempolimit von 60 Kilometern pro Stunde – und das auf ganzer Länge des Abschnitts. Als Freund von Kompromiss­en sieht sich auch Wolfgang Kaiser, CDU-Fraktionsc­hef in Grevenbroi­ch und Ratsherr aus dem nahen Neukirchen. „Tempo 60 könnte eine Lösung sein. Da müssten sich aber Verkehrsex­perten zu äußern“, sagt Kaiser. Er weiß um die Problemati­k in Sachen L142, und auch, dass viele Fahrer den ständigen Limit-Wechsel als Gräuel empfinden. „Es gibt aber keine einheitlic­he Meinung, ob 50 oder 70 km/h durchgängi­g besser wären.“

Wolfgang Kaiser unterstrei­cht im Gespräch mit unserer Redaktion einmal mehr die Forderung nach einem Radweg entlang des Abschnitts. „Es kommt dort immer wieder zu brenzligen Situatione­n“, sagt der Politiker, der mit Blick auf den Radverkehr und den aktuell vorherrsch­enden Gegebenhei­ten eher zu einem durchgängi­gen Limit von 50 Kilometern pro Stunde tendiert. Das Thema Radweg sei in den vergangene­n Jahren immer mal wieder aufgeplopp­t, wirklich angepackt worden sei es bisher aber nicht. Kaisers Appell richtet sich in der Sache an Straßen NRW, also an den Landesbetr­ieb, der für die Landstraße­n zuständig ist.

In Bezug auf die ständigen Limit-Wechsel auf der L142 spielt Straßen NRW den Ball allerdings in Richtung der Grevenbroi­cher Stadtverwa­ltung, die einer Sprecherin des Landesbetr­iebs zufolge bereits an einem Konzept für besagten Streckenab­schnitt arbeite.

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FOTO: CKA Auf der L142 müssen sich Fahrer alle paar Hundert Meter auf ein neues Tempolimit einstellen: mal auf 50 und mal auf 70 Kilometer pro Stunde.

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