Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
50? 70? Tempo-Wirrwarr auf Landstraße
Die L142 zwischen Jägerhof und Kreuzung zur B477 ist nur zwei Kilometer lang. Auf dem kurzen Stück wechseln sich die Tempolimits von 50 und 70 km/h ab. Immer wieder werden Fahrer geblitzt. Manch einer wittert Abzocke.
JÄGERHOF Wer auf dem Landweg von Grevenbroich nach Neuss oder umgekehrt will, der fährt mit hoher Wahrscheinlichkeit über die Landstraße 142. Ein Stück dieser Straße verläuft zwischen dem Jägerhof und der Ampelkreuzung zur B477. Es ist nur rund zwei Kilometer lang – und berüchtigt: Regelmäßig wird dort Jagd auf Temposünder gemacht. Immer wieder werden Radarfallen etwa im Bereich „Bilderstöckchen“gesichtet. Man darf annehmen, dass Fahrer nicht selten in die Falle rauschen, denn auf keiner anderen Landstraße im Stadtgebiet wechseln die Tempolimits so häufig wie dort.
Wer auf der Straße (egal in welche Richtung) unterwegs ist, muss sich auf dem zwei Kilometer langen Abschnitt insgesamt sechsmal auf ein neues Limit einstellen: Wer auf 70 Kilometer pro Stunde beschleunigt, muss nach wenigen Metern wieder auf Tempo 50 abbremsen, um kurz darauf wieder auf 70 zu beschleunigen – und so weiter. Einer, der die Strecke regelmäßig fährt, ist der Weckhovener Bernd Freiburg. Er hat sich die Mühe gemacht, mithilfe eines Kilometerzählers die Längen der einzelnen Limit-Abschnitte zu ermitteln.
Wer aus Richtung Jägerhof kommt, kann demnach erst einmal 700 Meter lang mit Tempo 70 fahren – und muss das erste Mal vor dem Strategischen Bahndamm auf 50 abbremsen. Der Damm kreuzt die Strecke. Das Limit gilt 200 Meter. Ebenfalls auf 200 Metern geht es dann mit Tempo 70 weiter. Bei Gut Neuhaus folgt: Tempo 50. Auf 200 Metern. Und dann wieder Tempo 70 – für immerhin 400 Meter. Dann aber: 50 für 100 Meter im Bereich „Bilderstöckchen“. Und schließlich können Fahrer mit Tempo 70 die letzten 300 Meter auf die Kreuzung hin zur B477 rollen.
Das ständige Beschleunigen und wieder Abbremsen und die Sorge, in diesem Wirrwarr geblitzt zu werden, löst bei vielen Fahrern Stirnrunzeln aus. „Was die zuständigen Behörden den Autofahrern auf dieser Straße zumuten, kann man eigentlich nur als komplette Dreistigkeit bezeichnen“, sagt Bernd Freiburg. Der Abschnitt mit Tempo 50 auf Höhe des Bahndamms sei erst vor drei Jahren eingerichtet worden – „und hat die absurde Verkehrsführung komplettiert“. Die Kürze der jeweiligen Abschnitte lasse eine sinnvolle Befolgung der Verkehrsregeln nicht zu, weshalb Freiburg auch die Geschwindigkeitskontrollen kritisch sieht. „Das riecht nach Abzocke“, sagt er bei einem Ortsbesuch unserer Redaktion.
Der Vorschlag des Weckhoveners: ein Kompromiss, nämlich ein Tempolimit von 60 Kilometern pro Stunde – und das auf ganzer Länge des Abschnitts. Als Freund von Kompromissen sieht sich auch Wolfgang Kaiser, CDU-Fraktionschef in Grevenbroich und Ratsherr aus dem nahen Neukirchen. „Tempo 60 könnte eine Lösung sein. Da müssten sich aber Verkehrsexperten zu äußern“, sagt Kaiser. Er weiß um die Problematik in Sachen L142, und auch, dass viele Fahrer den ständigen Limit-Wechsel als Gräuel empfinden. „Es gibt aber keine einheitliche Meinung, ob 50 oder 70 km/h durchgängig besser wären.“
Wolfgang Kaiser unterstreicht im Gespräch mit unserer Redaktion einmal mehr die Forderung nach einem Radweg entlang des Abschnitts. „Es kommt dort immer wieder zu brenzligen Situationen“, sagt der Politiker, der mit Blick auf den Radverkehr und den aktuell vorherrschenden Gegebenheiten eher zu einem durchgängigen Limit von 50 Kilometern pro Stunde tendiert. Das Thema Radweg sei in den vergangenen Jahren immer mal wieder aufgeploppt, wirklich angepackt worden sei es bisher aber nicht. Kaisers Appell richtet sich in der Sache an Straßen NRW, also an den Landesbetrieb, der für die Landstraßen zuständig ist.
In Bezug auf die ständigen Limit-Wechsel auf der L142 spielt Straßen NRW den Ball allerdings in Richtung der Grevenbroicher Stadtverwaltung, die einer Sprecherin des Landesbetriebs zufolge bereits an einem Konzept für besagten Streckenabschnitt arbeite.