Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Plant Inklusionsbeirat
Eine wichtige Aufgabe des Gremiums wäre der Aufbau von Netzwerken.
GREVENBROICH Menschen mit Beeinträchtigung in die Mitte der Gesellschaft holen und in politische Abläufe integrieren: Daran arbeitet die Stadt schon seit längerem. Zukunftswerkstätten binden bereits sowohl Betroffene als auch Wohlfahrtsverbände und Organisationen der Behindertenhilfe ein und dienen als Ideenpool. Zusätzlich wurde mit Uwe Durst ein Inklusionsbeauftragter ernannt, der ein Inklusionskonzept erarbeitet. Nun soll mit einem Inklusionsbeirat ein „formaleres Gremium“geschaffen werden, berichtet Sozialdezernent Michael Heesch. In der nächsten Sitzung des Sozialausschusses solle bereits über die Einrichtung des Beirates abgestimmt werden.
Dabei sei eine „Struktur von unten nach oben“geplant, sagt Heesch. Denn die Ideen und Prioritätensetzung müssten weiterhin aus der Basis kommen. „Die Zukunftswerkstatt ist sozusagen das, was man klassischerweise unter Partizipation versteht. Das wollen wir möglichst wenig regeln und es sollen aus allen Bereichen Sichtweisen einfließen, einschließlich die der Betroffenen.“Als Zwischeninstanz solle auf der nächsten Stufe der Inklusionsbeirat stehen. „Natürlich bleibt das primäre Entscheidungsgremium der Sozialausschuss“, erklärt der Sozialdezernent. Der Inklusionsbeirat werde aber eigenständig Facharbeitsgruppen organisieren. „Und da wird ja die eigentliche Arbeit gemacht. Und niemand wird sich dem in den Weg stellen, wenn von da qualifizierte Überlegungen kommen, die in den Sozialausschuss kommen.“
Ein Inklusionsbeirat müsse entsprechend ernst genommen werden. „Das ist nicht mit wohlfallenden Worten getan. Es geht auch perspektivisch darum, dass Mitglieder des Beirates in die Fachausschüsse des Rates gehen“, erklärt Michael Heesch. Das müsse aber letztendlich der Stadtrat entscheiden. Die gesamte Struktur soll in einer Satzung beschrieben und damit kommunalrechtlich verankert werden. „Ich glaube, es ist wichtig, dass da ein wechselseitiger Austausch ist. Wir haben aber eine klare Vision, das bis zur nächsten Wahlperiode umzusetzen.“Über die Größe eines Inklusionsbeirats wird aktuell noch diskutiert. „Er soll auf der einen Seite niemanden ausklammern, auf der anderen Seite muss er arbeitsfähig sein“, so Heesch.
„Eine der wichtigsten Aufgaben ist aus meiner Sicht der Aufbau eines Netzwerkes“, sagt Uwe Durst. Im Zuge dessen habe es auch Gespräche mit der Diakonie Neuss gegeben, in deren Trägerschaft sich die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) befindet. Das kostenfreie Beratungsangebot richtet sich an alle Menschen mit einer Beeinträchtigung, chronischer Erkrankung sowie deren Angehörige. „Durch die Kontaktaufnahme ist es dazu gekommen, dass die EUTB auch in Grevenbroich Beratungsleistungen anbieten kann“, so Durst. Jeden ersten Dienstag im Monat bietet die EUTB von 10 bis 14 Uhr offene Sprechstunden im Rathaus an. „Wir helfen bei allen Teilhabeleistungen”, sagt Teilhabeberaterin Mara Lüderitz. So gehe es oft ums Wohnen, den Wiedereinstieg ins
Berufsleben, um die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises oder Pflege- sowie Assistenzleistungen.
Die Sprechstunden der Teilhabeberater sind gut gefüllt, denn aus Grevenbroich kommen die zweitmeisten Ratsuchenden, informiert Lüderitz. Im vergangenen Jahr seien dies mehr als 100 Menschen gewesen. Diese können sich nun den Anfahrtsweg nach Neuss sparen. „Das Angebot in Grevenbroich wird sehr gut angenommen. Es ist alles vertreten. Wir haben Familien, die wir beraten. Wir haben Flüchtlinge beraten, die erst seit Kurzem in Deutschland sind und sich gar nicht so zurechtfinden, was es für Leistungen gibt“, erzählt Nina Terlutter, ebenfalls Teilhabeberaterin.
Die Einrichtung eines Inklusionsbeirates nehmen die Teilhabeberater als wichtigen Schritt für die Stadt wahr. „Der Wechsel des Blickwinkels ist entscheidend. Dass man Menschen, egal mit welcher Beeinträchtigungsform, als Experten anerkennt und nicht über sie spricht, sondern mit ihnen“, sagt Mara Lüderitz. „Über den Inklusionsbeirat sehe ich große Chancen, Systeme zu schaffen, die den Betroffenen wirklich helfen.“