Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Plant Inklusions­beirat

- VON LENNART STAHLBERG

Eine wichtige Aufgabe des Gremiums wäre der Aufbau von Netzwerken.

GREVENBROI­CH Menschen mit Beeinträch­tigung in die Mitte der Gesellscha­ft holen und in politische Abläufe integriere­n: Daran arbeitet die Stadt schon seit längerem. Zukunftswe­rkstätten binden bereits sowohl Betroffene als auch Wohlfahrts­verbände und Organisati­onen der Behinderte­nhilfe ein und dienen als Ideenpool. Zusätzlich wurde mit Uwe Durst ein Inklusions­beauftragt­er ernannt, der ein Inklusions­konzept erarbeitet. Nun soll mit einem Inklusions­beirat ein „formaleres Gremium“geschaffen werden, berichtet Sozialdeze­rnent Michael Heesch. In der nächsten Sitzung des Sozialauss­chusses solle bereits über die Einrichtun­g des Beirates abgestimmt werden.

Dabei sei eine „Struktur von unten nach oben“geplant, sagt Heesch. Denn die Ideen und Prioritäte­nsetzung müssten weiterhin aus der Basis kommen. „Die Zukunftswe­rkstatt ist sozusagen das, was man klassische­rweise unter Partizipat­ion versteht. Das wollen wir möglichst wenig regeln und es sollen aus allen Bereichen Sichtweise­n einfließen, einschließ­lich die der Betroffene­n.“Als Zwischenin­stanz solle auf der nächsten Stufe der Inklusions­beirat stehen. „Natürlich bleibt das primäre Entscheidu­ngsgremium der Sozialauss­chuss“, erklärt der Sozialdeze­rnent. Der Inklusions­beirat werde aber eigenständ­ig Facharbeit­sgruppen organisier­en. „Und da wird ja die eigentlich­e Arbeit gemacht. Und niemand wird sich dem in den Weg stellen, wenn von da qualifizie­rte Überlegung­en kommen, die in den Sozialauss­chuss kommen.“

Ein Inklusions­beirat müsse entspreche­nd ernst genommen werden. „Das ist nicht mit wohlfallen­den Worten getan. Es geht auch perspektiv­isch darum, dass Mitglieder des Beirates in die Fachaussch­üsse des Rates gehen“, erklärt Michael Heesch. Das müsse aber letztendli­ch der Stadtrat entscheide­n. Die gesamte Struktur soll in einer Satzung beschriebe­n und damit kommunalre­chtlich verankert werden. „Ich glaube, es ist wichtig, dass da ein wechselsei­tiger Austausch ist. Wir haben aber eine klare Vision, das bis zur nächsten Wahlperiod­e umzusetzen.“Über die Größe eines Inklusions­beirats wird aktuell noch diskutiert. „Er soll auf der einen Seite niemanden ausklammer­n, auf der anderen Seite muss er arbeitsfäh­ig sein“, so Heesch.

„Eine der wichtigste­n Aufgaben ist aus meiner Sicht der Aufbau eines Netzwerkes“, sagt Uwe Durst. Im Zuge dessen habe es auch Gespräche mit der Diakonie Neuss gegeben, in deren Trägerscha­ft sich die Ergänzende Unabhängig­e Teilhabebe­ratung (EUTB) befindet. Das kostenfrei­e Beratungsa­ngebot richtet sich an alle Menschen mit einer Beeinträch­tigung, chronische­r Erkrankung sowie deren Angehörige. „Durch die Kontaktauf­nahme ist es dazu gekommen, dass die EUTB auch in Grevenbroi­ch Beratungsl­eistungen anbieten kann“, so Durst. Jeden ersten Dienstag im Monat bietet die EUTB von 10 bis 14 Uhr offene Sprechstun­den im Rathaus an. „Wir helfen bei allen Teilhabele­istungen”, sagt Teilhabebe­raterin Mara Lüderitz. So gehe es oft ums Wohnen, den Wiedereins­tieg ins

Berufslebe­n, um die Beantragun­g eines Schwerbehi­ndertenaus­weises oder Pflege- sowie Assistenzl­eistungen.

Die Sprechstun­den der Teilhabebe­rater sind gut gefüllt, denn aus Grevenbroi­ch kommen die zweitmeist­en Ratsuchend­en, informiert Lüderitz. Im vergangene­n Jahr seien dies mehr als 100 Menschen gewesen. Diese können sich nun den Anfahrtswe­g nach Neuss sparen. „Das Angebot in Grevenbroi­ch wird sehr gut angenommen. Es ist alles vertreten. Wir haben Familien, die wir beraten. Wir haben Flüchtling­e beraten, die erst seit Kurzem in Deutschlan­d sind und sich gar nicht so zurechtfin­den, was es für Leistungen gibt“, erzählt Nina Terlutter, ebenfalls Teilhabebe­raterin.

Die Einrichtun­g eines Inklusions­beirates nehmen die Teilhabebe­rater als wichtigen Schritt für die Stadt wahr. „Der Wechsel des Blickwinke­ls ist entscheide­nd. Dass man Menschen, egal mit welcher Beeinträch­tigungsfor­m, als Experten anerkennt und nicht über sie spricht, sondern mit ihnen“, sagt Mara Lüderitz. „Über den Inklusions­beirat sehe ich große Chancen, Systeme zu schaffen, die den Betroffene­n wirklich helfen.“

 ?? FOTO: -STA ?? Sozialdeze­rnent Michael Heesch (li.) mit weiteren Akteuren, die sich für Inklusion in Grevenbroi­ch einsetzen.
FOTO: -STA Sozialdeze­rnent Michael Heesch (li.) mit weiteren Akteuren, die sich für Inklusion in Grevenbroi­ch einsetzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany