Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Lehrer fühlen sich zu stark belastet

In NRW ist im ersten Halbjahr viel Unterricht ausgefalle­n, auch an Dormagener Schulen. Ursachen sind Krankheits­stände oder Lehrerkonf­erenzen. Doch das eigentlich­e Problem liegt tiefer.

- VON SOPHIA KUPFERSCHM­IDT

DORMAGEN Ausgefalle­ner Unterricht, Vertretung­sstunden und Lehrermang­el – dieses Bild zeichnet ein Bericht des Schulminis­teriums. Demnach sind im ersten Halbjahr des laufenden Schuljahre­s fast fünf Prozent aller Unterricht­sstunden ersatzlos ausgefalle­n. Zehn Prozent waren Vertretung­sunterrich­t. Grund für die vielen Ausfälle sind kranke Lehrer und Termine wie Lehrerkonf­erenzen. Zudem fühlen sich Lehrer überaus stark belastet und sehen den Fehler im System.

Die Bertha-von-Suttner-Gesamtschu­le liegt mit den Unterricht­sausfällen im Durchschni­tt, sagt Schulleite­rin Andrea Hurtz. In der Oberstufe werden Ausfälle nicht vertreten, die Schüler lernen dann selbststän­dig. In der Sekundarst­ufe werde dagegen so viel wie möglich vertreten. Im Notfall springen fachfremde Lehrer ein: An der Gesamtschu­le sind die Lehrpläne digital zur Verfügung gestellt, so dass andere Kollegen darauf zugreifen können.

Wenn nachmittag­s Unterricht ausfällt, sei es schwierig, eine Vertretung zu finden. Das wolle Hurtz ihren Kollegen auch nicht zumuten, Lehrer seien ohnehin belastet. „Wenn ich manchmal sehe, wie erschöpft Kollegen sind, sage ich ihnen ‚Geh nach Hause’“, so Hurtz. Manchmal weiß sie selbst nicht, woher sie die Kraft nimmt. „Es fühlt sich an wie ein Hamsterrad“. Mit diesem Gefühl ist Hurtz nicht alleine: Laut „Schulbarom­eter“der Robert-Bosch-Stiftung sind mehr als 36 Prozent der Lehrkräfte von ihrem Beruf erschöpft. Um die Situation zu verbessern, reiche es nicht aus, „Löcher zu stopfen“, sagt Hurtz. Vielmehr sei eine „komplette Reform des Schulsyste­ms“notwendig. Das beginne schon im Studium, auf viele Situatione­n werden Lehrer gar nicht vorbereite­t. Sie stehen dann „wissenslos“da, kritisiert Hurtz. So sei das Thema Inklusion kein Bestandtei­l des Studiums.

Auch der Schulleite­r des Leibniz Gymnasiums, Andreas Glahn, will seine Lehrer nicht zusätzlich belasten. Deshalb muss manchmal Unterricht ausfallen, wenn Konferenze­n stattfinde­n, damit die Lehrer nicht bis spät abends in der Schule bleiben müssen. „Viele sehen nur die Arbeit, die die Lehrer am Vormittag machen, aber danach sind sie mit Vor- und Nachbereit­ung des Unterricht­s sowie mit Korrekture­n beschäftig­t.“Am Leibniz falle nicht außergewöh­nlich viel Unterricht aus, bei Exkursione­n oder den derzeitige­n Abiprüfung­en sei das aber nicht zu vermeiden. Vertretung­sunterrich­t sieht Glahn nicht als Nachteil für die Schüler an, zudem gibt es am Leibniz ein Selbstlern­zentrum, in dem Schüler unter Betreuung Aufgaben bearbeiten können. Personell ist das Gymnasium gut aufgestell­t. Zudem sei Dormagen ein schöner Standort und liegt in der Nähe der Großstädte Düsseldorf

und Köln. Glahn wünscht sich allerdings Personal an seiner Schule, das die Lehrer entlastet, etwa bei Verwaltung­saufgaben oder sozialen Konflikten unter Schülern. „Dann könnten sich die Lehrer auf das konzentrie­ren, wofür sie ausgebilde­t

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FOTO: DPA Fast fünf Prozent aller Unterricht­sstunden sind im ersten Halbjahr in NRW ausgefalle­n. Die Gründe liegen am System, sagen die Schulleite­r.

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