Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
HTC dreht ein schon verloren geglaubtes Spiel
In den letzten anderthalb Minuten macht der Hockey-Zweitligist gegen den DSD aus einem 1:3 ein 3:3 und gewinnt im Penaltyschießen.
NEUSS Von Beginn an ohne die in der Regie- und Schaltzentrale nicht zu ersetzenden Taktgeber Jan Mausberg und Finn LangHeinrich und ganz früh auch ohne Torjäger Matthis Schäfer, der schon im ersten Viertel mit mehrfach gebrochener Hand ins Krankenhaus gebracht werden musste. Dazu bis knapp 90 Sekunden vor Schluss mit 1:3 im Rückstand. Partien wie diese sind eigentlich kaum mehr zu gewinnen, sofern es sich nicht um den in der 2. Hockey-Bundesliga Nord spielenden HTC SW Neuss handelt. Dass der im am Ende dramatischen Topspiel gegen den Lokalrivalen DSD Düsseldorf noch mit 6:5 (3:3/1:1) die Oberhand behielt, überraschte Trainer Matthias Gräber freilich weniger als erwartet. „So was haben wir schon häufiger gemacht“, stellte er grinsend fest.
Das turbulente Finale hatte sich indes nicht wirklich angedeutet. Die von Bartosz Zaworski in der 19. Minute, zur fast schon diebischen Freude Gräbers („Das hat der Papa gemacht!“), verwandelte Strafecke zum 1:1 war eine der ganz wenigen überzeugenden Aktionen der Gastgeber im Angriff. Nick Brock hatte Düsseldorf in Führung gebracht (11.) und krönte in der 33. Minute auch eine feine Einzelleistung von
Ben Bockhoff mit dem Treffer zum 2:1. Als der Neusser Samir Khelil die Kugel nach vorausgegangenem Ballgewinn ans Lattenkreuz nagelte (42.), schwante seinem Teamkollegen Jan Zielinski wie einst dem Bundesliga-Fußballer Jürgen „Kobra“Wegmann Böses: „Zuerst hast du kein Glück, und dann kommt auch noch Pech dazu.“Zumal der Neuseeländer Ricky Hayward mit der das dritte Viertel beendenden Sirene auch noch zum 3:1 für den DSD traf.
Gut für den HTC, dass die Gäste im vierten Abschnitt die Entscheidung trotz erstklassiger Torchancen verpassten. Noch besser für den HTC, dass sie in der Schlussphase gleich zwei Akteure mit Zeitstrafen verloren. Das sorgte für einige Diskussionen, denn ursprünglich hatte Schiedsrichter Fabian Blasch den Neusser Tim Hirt mit „Gelb“vom Feld geschickt. Die Folge eines Missverständnisses in der Kommunikation mit seinem Kollegen Lukas Siebeck. Und das ärgerte den erfahrenen Referee sehr: „Das haben wir nicht gut gelöst.“
Wie dem auch sei: Die Neusser reagierten sofort, erhöhten die Zahl ihrer Feldspieler durch die Herausnahme von Torhüter Konstantin Hayner auf elf, denen 3:25 Minuten vor Schluss vor Goalie Jonas Weißner nur noch acht Düsseldorfer gegenüberstanden. Das folgende Powerplay
produzierte schnell drei Strafecken, von denen allerdings keine erfolgreich war. Danach kehrte zwar Ben Bockhoff zurück aufs Spielfeld, doch das numerische Übergewicht des HTC blieb und führte bei der Wiederholung der fünften Strafecke 1:20 Minute vor Schluss durch Vitali Shevchuk zum 2:3 (59.). Und mit nur noch 43 Sekunden auf der Spieluhr wuselte Julian Dettmer die Kugel tatsächlich zum Ausgleich über die Linie.
Dass Blasch zwei Sekunden vor dem Abpfiff von seiner Entscheidung abrückte, den Gästen noch eine Strafecke zu gewähren, passte zu dieser wilden Phase. Damit musste sich im Penaltyschießen erweisen, wer seine Arbeit mit zwei Punkten belohnen durfte: Zunächst parierte Hayner gegen Benedikt Federlin und Brock, Zielinski scheiterte an Weißner. Danach trafen Shevchuk für Neuss und Juan Cruz Agulleiro für den DSD. Khelil wurde bei seinem Versuch regelwidrig gestoppt, den fälligen Siebenmeter verwandelte Shevchuk zum 5:4. Bockhoff glich für Düsseldorf aus, Krystian Sudol schoss Neuss mit 6:5 in Front, ehe der nicht nur im Shoot-out famose Hayner im Duell mit Ben Marquardsen triumphierte und damit fürs stürmische gefeierte Happy End im Jahnstadion sorgte.