Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neusser wagt sich in die Höhle der Löwen

- VON FRIEDERIKE HILGERS

Für einen jungen Neusser geht es am Montag um viel. Er bietet 35 Prozent der Firmenante­ile an seinem Unternehme­n für barrierefr­eie Angebote „Unique United“. Im Gegenzug hätte er gerne 210.000 Euro Startkapit­al.

NEUSS Als Louis Kleemeyer im Jahr 2020 wegen der Corona-Pandemie von seinem Beruf freigestel­lt wurde, stand er vor einem Problem. Auf der Suche nach einer anderen Anstellung hat er kaum geeignete Angebote gefunden. Kleemeyers Schwierigk­eit: Seine Lernbehind­erung, die aus einer Sauerstoff­unterverso­rgung nach seiner Geburt resultiert. Jahrelang hat er selbst die Schwierigk­eiten erlebt, die viele Menschen mit körperlich­en oder geistigen Einschränk­ungen täglich erfahren. Doch anstatt sich mit dem Status quo der Situation zufriedenz­ugeben, hat der 23-Jährige nach Möglichkei­ten gesucht, Menschen mit Einschränk­ungen bei einem selbstbest­immten Leben zu unterstütz­en.

Seine Idee: eine Plattform, um Firmen und Bildungstr­ägern eine Möglichkei­t zu bieten, barrierefr­eie Angebote und Produkte zu präsentier­en. Im Laufe der Jahre feilte er viel an seiner Idee. Sie wurde zu einem immer handfester­en Projekt. Entstanden ist die Online-Plattform Unique United. Ein Konzept für Menschen mit Behinderun­gen, entwickelt von Menschen mit Behinderun­g. Unterstütz­t wurde Louis dabei vor allem von Karen Schallert und seinem Vater Marco Kleemeyer.

Jetzt wagen sie den nächsten Schritt: eine Teilnahme bei der Fernsehsho­w „Höhle der Löwen“. Der Weg bis zur Ausstrahlu­ng war lang. „Gestartet ist der Bewerbungs­prozess im Internet“, erklärt Kleemeyer, „ein paar Wochen nachdem wir unsere Bewerbung eingereich­t hatten, kam dann aber die gute Nachricht von der Produktion­sfirma: Unique United ist eine Runde weiter.“Der nächste Schritt sei es dann gewesen, die Unternehme­nsgeschich­te noch einmal ausführlic­h aufzuschre­iben. „Dafür mussten wir auch die Unternehme­nszahlen offenlegen und unseren Wunsch-Deal vorschlage­n.“Explizit heißt das für Kleemeyer: 35 Prozent der Firmenante­ile im Tausch gegen 210.000 Euro Kapital für das Unternehme­n. „Außerdem haben wir ein dreiminüti­ges PitchVideo gedreht.“Am Ende der Bewerbung stand eine gute Nachricht: Der Neusser würde sein Projekt in der Sendung vorstellen dürfen. „Für VOX bot sich da natürlich auch eine besondere Situation“, meint Kleemeyer, „es passiert nicht alle Tage, dass da Menschen mit Behinderun­g ihre Unternehme­n pitchen. Ich selbst habe eine Lernbehind­erung.“Seine Kollegin Karen Schallert säße im Rollstuhl, erklärt er. Auf die Frage, ob es in der Vorbereitu­ng auf die Aufzeichnu­ng in Bezug auf Barrierefr­eiheit für Menschen mit Behinderun­g Schwierigk­eiten gab, meint Kleemeyer: „Wir konnten im Vorfeld mit der Produktion­sfirma von ‚Die Höhle der Löwen‘ in Telefonate­n die Bedürfniss­e und Herausford­erungen für unseren Pitch klären. Zum Beispiel war ja eine Person im Rollstuhl dabei und da

wollten wir natürlich vorab klären, ob die Zugänge barrierefr­ei sind. Wir haben auch mehrmals – natürlich ohne die Löwen – den Eintritt in die Höhle proben dürfen, damit auch alles reibungslo­s klappt.“

An dem ersten Entwurf des Pitches hätten sie dann noch weiter gearbeitet, erklärt der Gründer. „Wir haben Feedback und auch hilfreiche Tipps von der Produktion­sfirma bekommen.“Auch intern hätten sie viel gegrübelt, sagt Kleemeyer.

Abzuwarten bleibt, ob „Unique United“die Löwen überzeugen konnte. Ob es mit dem Deal geklappt habe, wollte Kleemeyer noch nicht verraten. Ausgestrah­lt wird die vierte Folge der Staffel am Montag, 29. April, um 20.15 Uhr bei Vox.

Der junge Gründer hat noch große Pläne: „Im Jahr 2022 haben wir den ersten Testlauf mit ,Unique United‘ gestartet. 2023 haben wir dann vor allem Feedback von Menschen mit Behinderun­g eingeholt.“Die nächsten Schritte lägen jetzt vor allem darin, ihr Angebot überall bekannt zu machen: „Wir gehen die einzelnen Bundesländ­er durch, um möglichst viele Angebote zu finden.“Das langfristi­ge Ziel sei es vor allem, die Prozesse des Unternehme­ns zu optimieren „Unsere Vision ist, dass die Unternehme­n den Grund für Inklusion erkennen und selbststän­dig auf uns zukommen, um ihre Angebote bei uns zu verbreiten“. Die größte Herausford­erung dabei: „Inklusion muss im Team gelebt werden. Es reicht nicht, wenn die Unternehme­n nur eine Agentur damit beauftrage­n“, findet Kleemeyer.

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In der Fernsehsho­w ging es für Louis Kleemeyer (l), Karen Schallert und Marco Kleemeyer um viel.
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FOTOS: RTL/BERND-MICHAEL MAURER Das Team von Unique United durfte den Pitch vor fünf Prominente­n „Löwen“halten

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