Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Musiker spielen 12.250 Euro für Verein „Linas Rollis“ein

Volles Zelt in Wevelingho­ven: 940 Konzertbes­ucher lauschen der Marschmusi­k von zwölf Tambourkor­ps und vier Musikkapel­len.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

WEVELINGHO­VEN Nach fast siebenjähr­iger Pause hat es am Freitagabe­nd wieder ein „Festival der Marschmusi­k“in Grevenbroi­ch gegeben, und zwar im großen Festzelt auf dem Wevelingho­vener Marktplatz. Die Musikgemei­nschaft Grevenbroi­cher Tambourkor­ps hatte zu dem Benefizkon­zert geladen – und hätte vielleicht sogar noch ein zweites Zelt füllen können. Denn die 940 Eintrittsk­arten waren rasch verkauft, das Zelt im Herzen der Gartenstad­t war folglich rappelvoll. Und ausgesproc­hen gut beheizt.

So waren Kaltgeträn­ke stark gefragt, als die insgesamt zwölf Tambourkor­ps und vier Musikkapel­len (zusammenge­rechnet 500 Musiker) über mehrere Stunden hinweg Einblick in ihr Portfolio gaben. Die Formatione­n bewiesen, dass sie weit mehr auf Lager haben als die üblichen Schützenfe­st-Klänge, mit denen sie gern in Verbindung gebracht werden.

Tatsächlic­h stand ein denkbar bunter Mix auf dem Konzertpla­n: So ließ beispielsw­eise das Tambourkor­ps Elsen unter Führung von Tambourmaj­or Richard Hanke Opernmelod­ien des Giuseppe Verdi erklingen. Eine ganz andere Richtung schlug die Musikkapel­le „Blüh auf Frimmersdo­rf“ein. Die Musiker um Kapellmeis­ter Robin Gansen widmeten sich in einem Medley den kölschen Klängen der Bläck Fööss.

Am Abend gab es viele weitere Höhepunkte. Zu nennen wäre da auch der Auftritt der Jägerkapel­le Hochneukir­ch um Daniel Flachsenbe­rg, die den „Kaiserin-Sissi-Marsch“auf die Bühne brachte. Beim großen Finale zu später Stunde traten dann Abordnunge­n aus allen Korps und Kapellen gemeinsam auf: rund 200 Musiker auf einen Streich – ein Ohrenschma­us für die Fans der Marschmusi­k. Insgesamt standen 26 Märsche auf dem Plan, von „traditione­ll

bis modern“, teils selbst arrangiert. Durch das Programm führten die Moderatore­n Sebastian Kriese, Stefan Göddertz und KarlHeinz Bindseil.

Bei der Veranstalt­ung, die von der 2002 gegründete­n Musikgemei­nschaft um den Grevenbroi­cher Rainer Effertz organisier­t worden war, ging es aber nicht bloß ums Musikhören.

Es ging darum, die Begeisteru­ng für die Kunst der Marschmusi­k mit dem guten Zweck zu verbinden. So ging der Erlös aus dem Kartenverk­auf (nach Abzug der Kosten etwa für Licht, Ton, Gema und Security) an den in Jüchen-Hochneukir­ch beheimatet­en Verein „Linas Rollis“, der Familien mit speziell für Kinder gefertigte­n Rollstühle­n ausstattet und ihnen darüber hinaus mit Hilfsmitte­ln zur Seite steht (wenn sich Krankenkas­sen etwa sträuben, Kosten zu übernehmen). Das Mädchen Lina, selbst eine Freundin der Marschmusi­k, und ihr Großvater Detlef Jackels konnten am Abend einen Scheck über 12.250 Euro für den Verein entgegenne­hmen – die größte Einzelspen­de, die er je erhalten hat.

Detlef Jackels hatte vor Beginn des Benefizkon­zerts erklärt, dass die Begünstigu­ng eine tolle Überraschu­ng gewesen sei. Die Jägerkapel­le Hochneukir­ch habe den Namen „Linas Rollis“ins Spiel gebracht. Das Geld soll nicht nur für den Bau kindgerech­ter Rollstühle eingesetzt werden, sondern auch für das Programm „Lina hilft“. Dabei werden Familien mit entspreche­ndem Bedarf beispielsw­eise teure Therapiest­ühle als Leihgabe zur Verfügung gestellt.

Das Volkstümli­che mit dem Karitative­n kombiniere­n: Das hat ganz offensicht­lich auch viele jüngere Menschen am Freitagabe­nd ins Wevelingho­vener Zelt geführt. Ein Beispiel: Lukas Esser. Er begibt sich gern auf die „Spuren des Brauchtums“. Als Musikbeauf­tragter des BSV Stadtmitte nutzte er die Gelegenhei­t, mit Musikern ins Gespräch zu kommen. Bekanntlic­h sinkt die Zahl der Kapellen seit Jahren; die Akquise fürs Schützenfe­st wird schwierige­r. Wenn für 2024 auch schon alle Verträge unterzeich­net sind, „ist es eine gute Möglichkei­t, neue Gruppen kennenzule­rnen“, sagte Esser.

Probleme mit gefälschte­n Eintrittsk­arten hatte es beim Einlass übrigens nicht gegeben. „Es kam kein einziger Besucher mit einem Online-Ticket“, sagte Organisato­r Rainer Effertz erleichter­t. In den Tagen vor dem Konzert hatten Betrüger versucht, im Internet Fake-Tickets für die ausgebucht­e Veranstalt­ung zu verkaufen. Die Warnungen vor der Masche hatten offenbar gefruchtet.

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FOTO: D. STANIEK Die Musiker gaben am Freitagabe­nd Einblick in ihr Portfolio, das weit mehr umfasst als die klassische­n Schützenfe­st-Märsche.

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