Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Stadt setzt Entwicklungspolitik fort
Gegen den Widerstand der kompletten Opposition hat Rot-Grün die Fortsetzung des Projektes einer kommunalen Entwicklungspolitik beschlossen. Dafür wird eine neue Stelle eingerichtet. Vorgängerin Aileen Wichmann ist weg.
DORMAGEN Die Stadt Dormagen setzt ihren Weg der kommunalen Entwicklungspolitik fort. Sie will ihr entwicklungspolitisches Engagement weiter ausbauen und das Thema Nachhaltigkeit auf allen Ebenen stärken. Dafür wird jetzt eine unbefristete neue Stelle eingerichtet, die Ausschreibung läuft. Laut Stadtsprecher Nils Heinichen ist die Besetzung für den 1. August vorgesehen. In der Politik gibt es erhebliche Vorbehalte, was vor allem die Kosten betrifft. Bei der Abstimmung im Stadtrat setzte sich die Mehrheit von Rot-Grün knapp mit 23:20-Stimmen durch.
Die Opposition, angeführt von der CDU, kritisiert die Erhöhung des Stellenplans. Die Verwaltung spricht von jährlichen Kosten von etwa 76.000 Euro für die neue Kraft. Die würden CDU, Zentrum und Co. am liebsten einsparen. Schon als das Projekt startete, damals unterstützt mit Bundes-Fördermitteln, war der Widerstand groß.
Im März 2022 wurde für den Zeitraum von zwei Jahren die geförderte Personalstelle „Koordination kommunaler Entwicklungspolitik“eingerichtet. Ziel der Personalstelle war die Etablierung einer Partnerschaft mit einer Kommune im Globalen Süden sowie die strategische Verankerung einer fairen öffentlichen Beschaffung. Mit der Gründung einer Städtepartnerschaft mit Chipata in Sambia im Oktober 2022 konnte bereits der Grundstein für eine entwicklungspolitische Nord-Süd-Zusammenarbeit gelegt werden. Die als Koordinatorin damals Verantwortliche und treibende Kraft war Aileen Wichmann. Die Stadt muss ihr Projekt allerdings ohne die 31 Jahre alte Neusserin fortsetzen. Wichmann ist nach Ablauf der Projektdauer zum Rhein-Kreis Neuss gewechselt, wo sie in der vergangenen Woche offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Psychologin ist dort jetzt Nachhaltigkeitsmanagerin und in den nächsten beiden Jahren für die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie zuständig. „Wir bedauern den Weggang von Aileen Wichmann, er schmerzt“, sagt Nils Heinichen.
Vielleicht kam die Entscheidung der Politik, das Projekt mit einer unbefristeten Stelle fortzusetzen, zu spät.
In Dormagen wurde im Juni 2021 eine Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, die im Themenfeld „Globale Verantwortung & Eine Welt“festlegt, dass die Menschen in Dormagen im Jahr 2030 auf die Produktionsbedingungen und Lieferketten ihrer konsumierten Waren achten und der Stellenwert fair gehandelter und regionaler (Bio-)Produkte deutlich gestiegen ist. Hierbei geht die Stadtverwaltung mit gutem Beispiel voran und berücksichtigt Nachhaltigkeitskriterien im öffentlichen Beschaffungswesen. Mit der Gründung einer Städtepartnerschaft mit Chipata in Sambia wurde der Grundstein für eine entwicklungspolitische
Nord-Süd-Zusammenarbeit gelegt. Dabei soll es nicht bleiben: „Diese gilt es nun unter Einbeziehung verwaltungsexterner Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Zivilgesellschaft, Bildungseinrichtungen, Kirchen und Wirtschaft sowie durch die Umsetzung gemeinsamer Projekte zu intensivieren“, sagt Erster Beigeordneter Fritz Bezold. Auch die strategische Verankerung einer fairen öffentlichen Beschaffung, zum Beispiel durch die Überarbeitung der Vergaberichtlinien oder die Umstellung von Produkten, bedarf für einen langfristigen Projekterfolg jedoch einer dauerhaften Koordinierung und Überwachung, so argumentiert die Verwaltung.
Für Nachhaltigkeit soll eben eine dauerhafte Einrichtung einer Personalstelle
sorgen. Interessant: Auf die Antragstellung für eine Folgeförderung (24 Monate ab 1. März 2024 mit einer Förderung von 75 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben sowie 25 Prozent Eigenanteil) aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verzichtet die Stadt. Begründung: „Aufgrund der erforderlichen Kontinuität der Aufgaben und der Sicherung der Ziele sowie der vergleichsweise unflexiblen Einsatzmöglichkeiten der Koordinatorin“, sagt Fritz Bezold.
Ebenso sei eine Anschlussförderung nicht gewährleistet und die Aufgabe der Beschaffung und Nachhaltigkeit werde eine „dauerhafte kommunale Aufgabe“.