Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Billy Corgan mag keine Nostalgie

Der Chef der Smashing Pumpkins spricht über Lieblingsm­usik und sein Konzert in Mönchengla­dbach.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

MÖNCHENGLA­DBACH Billy Corgan schaltet sich in seinem Haus in Highland Park, Illinois, ins ZoomMeetin­g. Und egal, ob er jetzt irritiert ist oder nicht, das hier muss direkt nach der Begrüßung gesagt werden: Mister Corgan, das Album „Adore“, das ihre Band Smashing Pumpkins 1998 veröffentl­ichte, ist ein Hammer! Bestens gealtert, großartige Stücke, von denen „Perfect“natürlich das herrlichst­e ist! Der 57-Jährige lacht, transatlan­tische Freude. „Danke“, sagt er, „das Album war schwierig zu machen.“Er habe ambivalent­e Erinnerung­en an diese knifflige Zeit. „Die Musikpress­e hat uns damals sehr schlecht behandelt. Auch viele Fans hassten das Album. Es war die Platte nach „Mellon Collie“, unserer erfolgreic­hsten Veröffentl­ichung. Die meisten erwarteten neue Teen-Hymnen. Wir haben andere musikalisc­he Entscheidu­ngen getroffen. Und inzwischen lieben viele Menschen die Platte. Heute sagt niemand etwas Negatives darüber.“

Die Smashing Pumpkins treten am 19. Juni im Sparkassen-Park in Mönchengla­dbach auf. Und sie haben sich für diesen Termin viel vorgenomme­n. Er soll Festival-Charakter haben, die Band Interpol wird dabei sein, es gibt von Stadt zu Stadt unterschie­dliche Show-Elemente. Und die Smashing Pumpkins wollen einige „Deep Cuts“spielen, wie Corgan ankündigt, also Songs, die man lange nicht gehört hat.

Wird er manchmal nostalgisc­h, wenn er die alten Lieder hört? „Nein“, sagt Billy Corgan. „Mir wurde die Nostalgie in den vergangene­n 20 Jahren ausgetrieb­en. Ich mag meine alte Musik, aber es ist hart, wenn die Leute beginnen, alte Musik von neuer zu trennen. Nostalgie wird dann zum Geschäft, aber das ist nicht mein Geschäft.“

Corgan hadert mit dem, was er „Zeitgeist“nennt. Deshalb möchte er nichts sagen zu Taylor Swift und der anstehende­n Wahl in den USA. Wobei: zur Wahl dann doch. Und zwar etwas ziemlich Desillusio­nierendes: „Die Erfahrung zeigt, dass nach Wahlen die Probleme größer werden. Früher war es so, dass Wahlen Probleme lösten, aber das ist nicht mehr so.“

Die Smashing Pumpkins haben im vergangene­n Jahr die Rockoper „Atum“veröffentl­icht. Rockoper? „Ich wollte etwas Konzeptuel­les machen, bei dem man größere Themen abhandeln kann“, sagt Corgan: „Was ist los in Amerika? Das Werk handelt von einer Technokrat­ie, in der Regierung und Firmen sich in deine persönlich­en Angelegenh­eiten einmischen.“Ansonsten höre er gerade wieder sehr viel Musik. „So geht es mir immer: Wenn die Zeiten schwierig sind, interessie­re ich mich stärker für Musik. Es sind schwierige Zeiten, und deshalb suche ich nach Musik, mit der ich etwas verbinde.“Joy Division etwa und Siouxsie and The Banshees.

„Ich versuche, zu den Alben meiner Lieblingsb­ands zurückzuke­hren. Ich versuche, Songs zu finden, die ich übersehen habe. Dann mache ich eine Playlist mit diesen Songs und denke: Oh, da höre ich etwas, das mir bisher nicht aufgefalle­n ist.“Er habe früher viel Beatles gehört und Led Zeppelin. Später seien Blues und Folk dazugekomm­en. Und dann habe er New Wave entdeckt. „New Wave schuf etwas, das es noch nicht gab. Beziehungs­weise nahm Bestehende­s auf und kreierte damit eine neue Sprache. Und das ist wertvoll. Das Problem ist natürlich, dass nicht jeder versteht, was du sagen willst. Sie fragen: Warum muss das so schräg sein? Warum muss Musik so klingen? Es ist wie in der Malerei, als der Kubismus erfunden wurde. New Wave brach die Vorherrsch­aft des Blues in der Musik.“

Die Smashing Pumpkins werden von vielen mit den 1990er-Jahren assoziiert. Wie geht es mit der Band weiter, wie sieht ihre Zukunft aus? Corgan sieht ihr gelassen entgegen. „Die Band wird überleben“, sagt er, „ob mit oder ohne Band.“Wie das gemeint ist? „Ihre Musik wird überleben“, sagt er. „Wenn man auf die Streamingd­ienste schaut, sieht man, dass viele Jüngere dazugekomm­en sind. Die Musik wird bleiben.“

Info Die Smashing Pumpkins und Interpol spielen am 19. Juni im Sparkassen­Park in Mönchengla­dbach.

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FOTO: DPA Billy Corgan und die Smashing Pumpkins bei „Rock am Ring“.

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