Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
1500 Menschen feiern die Demokratie
Erneut haben die Menschen in Dormagen ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt. Am Donnerstag gingen sie für die Demokratie auf die Straße.
DORMAGEN „Manche Menschen brauchen keine Laktose, um intolerant zu sein“, „Wir sind bunt nicht braun“, „1000 Flusskilometer gegen Rassismus“, „Dankbar in einer Demokratie zu leben“oder „Wählen gehen für Demokratie“: Die selbst gestalteten Schilder der Dormagenerinnen und Dormagener auf der Kundgebung zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes sprachen auf dem Schützenplatz am Donnerstag eine deutliche Sprache. Am Tag des Grundgesetzes ging die Stadtgesellschaft erneut auf die Straße. Aufgerufen dazu hatte ein Aktionsbündnis mit mehr als 100 Unterstützerinnen und Unterstützern um Buchhändler Jorgos Flambouraris und Bürgermeister Erik Lierenfeld.
Dormagen zeigte sich bunt. Mit Hut, Mütze, Basecap, Kopftuch oder Fahrradhelm folgten rund 1.500 Bürger dem Aufruf und kamen auf den Schützenplatz zusammen. Familien mit Kindern, mit Hunden, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, mobil oder nicht, jung oder alt, Mitglieder von Vereinen oder dem Praxisnetzwerk, der Tafel, sie alle setzten mit ihrem Kommen ein Zeichen.
Zum Auftakt der Veranstaltung läuteten die Friedensglocke von Chorweiler und alle Kirchenglocken der Stadt. Für eine Minute schwiegen alle. Jorgos Flambouraris ging in seiner Begrüßungsrede auf das Grundgesetz ein. Er erinnerte insbesondere an Artikel drei des Grundgesetzes, in dem es unter anderem heißt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und
Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“In Dormagen lebten Bürger aus vielen Nationen. „Sie leben hier mit dem Auftrag, diese Grundrechte zu achten, zu ehren und zu respektieren“, so Flambouraris. Alle Kulturen müssten sich kennen lernen. „Aber die Kultur dieses Landes muss respektiert und akzeptiert werden.“Es folgten viele beeindruckende Wortbeiträge
von Dormagener Schülerinnen und Schüler sowie viel Musik. Doch zunächst fand Bürgermeister Erik Lierenfeld starke Worte: „Ich bin manchmal auch fassungslos, was in unserer Stadt passiert. Wir müssen, um es ganz deutlich zu sagen, das Maul aufmachen, statt wegzuschauen, wenn Unrecht geschieht.“Er zeigte sich begeistert von der hohen Teilnehmerzahl und dankte allen Organisationen, die zum Gelingen beigetragen haben.
Tanina, eine Schülerin, betonte, dass Demokratie ein Geschenk sei und Fabian, ebenfalls ein Schüler, rief voller Inbrunst von der Bühne: „Ganz egal, wie viele ihr seid. Wir sind mehr. Und damit ihr das versteht, sind wir heute hier.“Gemeint hatte er damit die Rechten. „Aber ihr seid keine 50 Prozent. Ich wünschte, ihr wärt sogar weniger als fünf Prozent!“Auch für Tim Luca war es von großer Bedeutung dabei zu sein: „Als jemand, der zur queeren Gemeinschaft gehört, habe ich selbst am eigenen Leib erlebt, wie
Diskriminierung und Ausgrenzung das tägliche Leben prägen können.“Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen sei es ihm ein großes Anliegen, gegen jede Form von Unterdrückung und Ausgrenzung einzutreten.
Neben den vielen Wortbeiträgen spielte vor allem die Musik eine große Rolle. Peter Pick sorgte am E-Piano mit dem BAP-Song „Arschu huh, Zäng ussenander“für Gänsehaut und die Folkloregruppe aus dem slowenischen Duplek, mit dem Dormagen eine Städtepartnerschaft pflegt, erntete für ihre Tanzdarbietung viel Applaus. Lierenfeld begrüßte auch seinen Amtskollegen Mitja Horvat aus Duplek.
Höhepunkt und Abschluss der Veranstaltung war der Auftritt von Archie Deneke als „Panik Udo“(Lindenberg). Gemeinsam mit Kindern der Grundschule Straberg sang er das Lied „Wir ziehen in den Frieden“. Zum Abschluss kamen noch einmal alle Akteure auf die Bühne und sangen gemeinsam mit dem Publikum „Wir ziehen in den Frieden“.