Nordwest-Zeitung

Das Ende des Kometenjäg­ers

Nach zwölf Jahren im All landete Raumsonde Rosetta auf Komet Tschuri

- VON JO;CHIM B;IER

Der Mission gelang ein Blick in die Kinderstub­e des Sonnensyst­ems. Jetzt schweigt die Raumsonde.

DARMSTADT – Sinktakulä­res Finale einer Weltraum-Mission: Mit der Landung der Sonde „Rosetta“auf dem Kometen „Tschuri“hat die Europäisch­e Raumfahrta­gentur Esa ihre Mission zur Erforschun­g des Kometen erfolgreic­h beendet. Nach zwölf Jahren im All schlug „Rosetta“wie geplant am Freitag 720 Millionen Kilometer von der Erde entfernt auf dem Brocken auf.

„,Rosetta‘ schaltete sich unmittelba­r nach dem Aufsetzen aus“, sagte der Chef des Esa-Flugbetrie­bs, Paolo Ferri, im Esa-Satelliten-Kontrollze­ntrum in Darmstadt. Bei dem Aufprall dürften Antennen und Solarteile der Raumsonde kaputt gegangen sein. „Für eine Landung war ,Rosetta‘ nicht gebaut.“Wegen der für Signale großen Entfernung dauerte es rund 40 Minuten, bis es dem Kontrollze­ntrum klar war, alles vorbei ist – um 13.19 Uhr war es soweit.

Bereits 2014 hatte eine spektakulä­re Landung auf dem Kometen geklappt: Auf „Tschuri“hinabgesun­ken war das MiniLabor „Philae“. Die Raumsonde „Rosetta“hatte es an Bord gehabt und zu dem Brocken gebracht. Wenn alles gut gegangen ist, sitzt „Rosetta“nun wie „Philae“auf dem „Kopf“des Kometen, der die Form einer Ente hat. Von „Philae“ist schon länger nichts mehr zu hören.

Alt und ursprüngli­ch

„Rosetta“sollte bis zum Schluss Bilder machen und Messungen etwa über Gas und Staub von „Tschuri“vornehmen, der mit ganzem Namen „67P/Tschurjumo­w-Gerassimen­ko“heißt. Kometen sollen das wohl ursprüngli­chste und älteste Material des Sonnensyst­ems enthalten. Der Mission gelang damit ein Blick in die Kinderstub­e des Systems.

Auf einem Asteroiden waren dagegen schon andere Geräte gelandet: Der US-Weltraumag­entur Nasa war dies 2001 gelungen. Eine japanische Sonde landete 2005 auf dem Asteroiden Itokawa und brachte sogar Proben zurück zur Erde.

„Die Daten und Bilder, die uns ,Rosetta‘ und der Lander ,Philae‘ übermittel­t haben, werden die Grundlage für die Planung und wissenscha­ftliche Fragestell­ungen für zukünftige Missionen in unserem Sonnensyst­em bilden“, teilte die Vorstandsv­orsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Pascale Ehrenfreun­d, mit. Esa-Generaldir­ektor Jan Wörner rechnete damit, „dass die Auswertung der Daten noch Jahre dauern wird“.

Ferri hoffte, dass sich die Esa zusammen mit der USRaumfahr­tagentur Nasa für die Reise zu einem Asteroiden entschließ­t. Dieses Projekt könne nicht nur dazu dienen, die Entstehung unseres Planetensy­stems zu verstehen. Etliche Asteroiden können auch der Erdumlaufb­ahn gefährlich nahe kommen. „Wir könnten herausfind­en, ob es uns gelingen könnte, die Bahn eines Asteroiden zur Verteidigu­ng zu verändern.“

Ein besonderes Datum

Auf ihrer zwölf Jahre langen Reise haben die Wissenscha­ftler des „Rosetta“-Teams mehrere Male die Luft anhalten müssen. Ein besonderes Datum war der 20. Januar 2014: „Rosetta“wurde nach 957 Tagen aus einem energiespa­renden Tiefschlaf geweckt, der Wecker war programmie­rt. Dann die Landung des MiniLabors „Philae“am 12. November 2014. „Rosetta“hatte „Tschuri“erreicht, das Labor löste sich von der Sonde und setzte auf den Kometen auf.

Ergebnisse von „Rosetta“haben nach Ansicht Ferris einige Annahmen über Kometen wie „Tschuri“bereits korrigiert. Besonders interessan­t sei, „dass das Wasser auf ,Tschuri‘ nichts mit dem Wasser auf der Erde zu tun hat“. Wissenscha­ftler waren davon ausgegange­n, dass das irdische Wasser von Kometen stammt.

Die etwa 1,3 Milliarden Euro teure „Rosetta“-Mission galt als eines der ambitionie­rtesten Projekte der Esa. Die Raumsonde hob am 2. März 2004 von der europäisch­en Weltraumst­ation Kourou an Bord einer „Ariane 5“-Rakete ab. Auf ihrer Reise durch das Weltall hat „Rosetta“nach Airbus-Angaben fast acht Milliarden Kilometer zurückgele­gt. Zum Vergleich: Ein Auto, das im Jahr rund 25 000 Kilometer fährt, würde 320000 Jahre brauchen, um diese Strecke zu erreichen.

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BILDER: ES; Komet von allen Seiten: „Tschuri“, wurde von der Raumsonde „Rosetta“ausgiebig fotografie­rt und untersucht.
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