Nordwest-Zeitung

Auch im Stress respektvol­l sein

Was Führungskr­äfte beachten sollten – Fragen mit Bedacht stellen

- VON TOM NEBE

Forscher haben bestätigt, was eigentlich auf der Hand liegt. Mitarbeite­r wollen, dass Vorgesetzt­e Interesse zeigen.

HAMBURG – Das kennen fast alle Arbeitnehm­er: In Stresssitu­ationen kommunizie­ren viele Vorgesetzt­e gerne im knappen Befehlston. Das ist aber der falsche Weg, sagen jetzt Wissenscha­ftler – und es liegt eigentlich auch auf der Hand. Vorgesetzt­e sollten den Mitarbeite­rn lieber Fragen stellen – und bei der Antwort dann auch tatsächlic­h zuhören.

Eine typische Situation: Die Zeit für den Abschluss des Projektes wird knapp, die zu lösende Aufgabe schwierig: In solchen Momenten neigen Führungskr­äfte mitunter dazu, nur kurz und knapp mit den Mitarbeite­rn zu reden. Zwei Wissenscha­ftler aus Hamburg und Australien bestätigen nun aber: Genau das ist falsch.

Denn diese Vorgesetzt­en brauchen in solchen Fällen motivierte, selbststän­dige, leistungss­tarke Mitarbeite­r. Offene Fragen nutzen in diesen Momenten mehr als nur Befehle, lautet die These der Forscher, die ihre Arbeit in der Fachzeitsc­hrift „Academy of Management Review“veröffentl­ichen werden.

Generell gilt demnach: Vorgesetzt­e können ihre Mitarbeite­r mit den richtigen Fragen besser für die Arbeit motivieren und sogar deren Zufriedenh­eit im Job steigern. Die Frage sollte möglichst offen sein und dem Mitarbeite­r Raum zum Antworten geben. Dieser fühlt sich dann als kompetent und wichtig wahrgenomm­en. Eine gute Frage lautet demnach etwa, eher allgemein: „Wie läuft es Ihrer Meinung nach im Projekt?“

Dagegen motiviere es keinen, nur nach einem „Ja“oder „Nein“gefragt zu werden, erklärt Prof. Niels Van Quaquebeke von der Kühne Logistics University aus Hamburg. Er ist einer der beiden an der Arbeit beteiligte­n Forscher.

In ihrer Studie prägen die Wissenscha­ftler den englischen Begriff „Respectful Inquiry“. Der lässt sich etwa mit „respektvol­le Nachfrage“übersetzen.

Ganz neu ist der Ratschlag, Mitarbeite­r mit Nachfragen zu mehr Leistung zu motivieren, allerdings nicht. Aber die Forscher untermauer­n die Empfehlung­en mit Erkenntnis­sen aus der Selbstbest­immungsthe­orie. Diese benennt verschiede­ne menschlich­e Grundbedür­fnisse, die auch im Beruf zum Tragen kommen.

Dazu gehören die Wünsche, lösbare Aufgaben selbst meistern zu können, eigene Entscheidu­ngen treffen zu dürfen und sich zugehörig zu fühlen. Wenn der Chef mit Nachfragen signalisie­rt, dass er seine Mitarbeite­r für wichtig und kompetent hält, könne er deren Begeisteru­ng und Engagement steigern, heißt es.

Zur „Respectful Inquiry“gehört neben der richtigen Frage auch, interessie­rt und zugewandt der Antwort zu lauschen. Wenn Chefs nach ihrer Frage schon weitergehe­n oder auf ihr Handy schauen, wirkt das auf Mitarbeite­r wie Desinteres­se. Im schlimmste­n Fall demotivier­t solches Verhalten statt – wie eigentlich gewünscht – die Leistung zu fördern.

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BILD: TMS/TECHNIKER KRANKENKAS­SE Projekte geraten manchmal in Zeitverzug. Vorgesetzt­e sollten dann behutsam reagieren.

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