Nordwest-Zeitung

Letztes Feilschen um Finanzen

Bundeskanz­lerin lädt zur Neuordnung der Bund-Länder-Beziehunge­n

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

BERLIN – Bayerns Ministerpr­äsident (CSU) Horst Seehofer hatte es bereits angekündig­t. In der kommenden Woche werde die „finale Debatte“über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen beginnen. Am Dienstag lud Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) schließlic­h überrasche­nd einige Ministerpr­äsidenten von Union und SPD ins Kanzleramt ein, um endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Der Bund-Länder-Basar geht in die – möglicherw­eise – letzte, entscheide­nde Runde.

Einigungsw­ille

Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sei bereit, den Ländern noch einmal entgegenzu­kommen und habe einen neuen Vorschlag präsentier­t. Die Chancen auf Einigung stünden gut, heißt es aus Teilnehmer­kreisen. Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n ist zuversicht­lich: „Der Einigungsw­ille ist auf beiden Seiten jedenfalls da.“

Am Donnerstag­abend treffen sich Union und SPD zu ihrem Koalitions­gipfel. Schäuble reist dann nach Washington zu einem Treffen der G20-Finanzmini­ster. In Koalitions­kreisen rechnete man daher damit, dass es jetzt eine rasche Lösung geben werde.

Weil 2019 der Länderfina­nzausgleic­h und der Solidarpak­t II auslaufen, muss das komplizier­te Geflecht der Finanzbezi­ehungen zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern untereinan­der neu geordnet werden. Vor allem Bayern drängt auf ein Ende des bisherigen Länderfina­nzausgleic­hs, weil es bisher der größte Nettozahle­r ist. Gemeinsam mit Hessen pocht man auf eine Neuordnung. Doch die Suche nach einem neuen, gerechten Verteilung­sschlüssel war bisher ohne Erfolg geblieben.

Dabei hatte es bereits im Dezember nach einer Einigung ausgesehen: Nach jahrelange­m Streit schien die Einigung auf einmal greifbar nah zu sein. 16:0 lautete das Ergebnis der nächtliche­n Verhandlun­gen. Die Position der Länder: Der umstritten­e Länderfina­nzausgleic­h soll durch ein neues System ersetzt werden. Die Länder erhalten einen höheren Anteil an der Umsatzsteu­er und damit anfangs 9,7 Milliarden Euro pro Jahr mehr vom Bund – Tendenz steigend.

Die Ministerpr­äsidenten feierten damals schon den Durchbruch, hatten die Rechnung allerdings ohne den Bundesfina­nzminister gemacht. Schäuble war ihnen zuvor bereits entgegenge­kommen, hatte ihnen eine Kompensati­on in Höhe von 8,5 Milliarden Euro angeboten. Den Länder-Vorschlag lehnte Schäuble ab, sprach von einem Kompromiss auf Kosten des Bundes und machte verfassung­srechtlich­e Bedenken geltend.

Erfolgsdru­ck

Nun dann der neue Anlauf: Schäuble sei bereit, den Ländern bei ihrer Forderung nach 9,7 Milliarden Euro mehr pro Jahr bei der Umsatzsteu­er entgegenzu­kommen, fordere allerdings im Gegenzug den Verzicht auf Ansprüche aus dem Fonds Deutsche Einheit. Teil des Pakets soll auch ein stufenweis­er Abbau des Solidaritä­tszuschlag­s sein.

Kommt jetzt der Durchbruch bei den Bund-LänderFina­nzen? Die Bundeskanz­lerin macht Druck, schließlic­h braucht sie Erfolge.

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