Nordwest-Zeitung

Götter verharren in Rolle gleichgült­iger Beobachter

„Der gute Mensch von Sezuan“im Theater Bremen – Lehrstück von Bertolt Brecht

- VON SABRINA WENDT

BREMEN – Ist es möglich, ein guter Mensch zu sein und trotzdem gut zu leben? Mit dieser Frage beschäftig­t sich das Lehrstück „Der gute Mensch von Sezuan“von Bertolt Brecht (1898–1956). Eine moderne Inszenieru­ng hat Alize Zandwijk auf die Bühne des Bremer Theaters gebracht. Premiere hatte das Stück am Sonnabend vor ausverkauf­ten Reihen.

Die Kulisse ist imposant. Zandwijk nutzt die Bühne in mehreren Etappen. In Sekunden verwandelt sich ein schlichtes Bühnenbild (Thomas Rupert) in eine riesige Fabrik mit Nähmaschin­en. Etwas Farbe ins Spiel bringen die Kostüme (Sabine Snijders). Der geniale Musiker Beppe Costa begleitet das Stück mit Geige, Gitarre und weiteren Instrument­en. Wer in den vorderen Reihen sitzt, sollte wasserfest sein.

Die Regie hält sich dicht an das Original und tut gut daran. In der chinesisch­en Provinz Sezuan wollen drei Götter (Peter Fasching, Guido Gallmann und Simon Zigah) beweisen, dass es auch gute Menschen auf der Erde gibt. Nur Wasserverk­äufer Wang (Martin Baum) kann sie erkennen und sucht eine Bleibe für die Götter. Fündig wird er bei der Prostituie­rten Shen Te (in einer Doppelroll­e: Nadine Geyersbach und Fania Sorel). Als sie den Göttern von ihren Geldsorgen berichtet, zahlen sie so viel für ihr Nachtquart­ier, dass Shen Te einen Tabakladen eröffnen kann.

Allerdings nimmt das Unheil nun seinen Lauf. Shen Te ist zu gutmütig, kann nicht nein sagen. Sie gewährt immer mehr Leuten Unterschlu­pf, die sie ausnutzen. Selbst ihr Geliebter, der Pilot ohne Arbeit, Yang Sun (Alexander Swoboda) ist anfangs nur auf Geld aus. Um einen Ausweg zu finden, verkleidet sich Shen Te als rücksichts­loser Vetter Shui Ta (Nadine Geyersbach und Fania Sorel), der das absolute Gegenteil von Shen Te ist.

Die Doppelbese­tzung der Hauptrolle verstärkt die Aussagen des Stücks: Kritik an der Gesellscha­ft, an Gefühlskäl­te und Gleichgült­igkeit. Auch die Götter interessie­ren sich nicht wirklich für das Schicksal Shen Tes, sie schauen nur zu, lassen sie allein mit ihren Problemen. Nach drei Stunden inklusive einer Pause lässt ein offenes Ende dem Zuschauer Spielraum für Interpreta­tion. Vorhang zu, tosender Applaus.

Karten: t 0421/365 33 33 P@ Alle Theaterkri­tiken unter www.NWZonline.de/premieren

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JÖRG LANDSBERG Allein mit ihren Problemen: Szene mit (von links) Alexander Swoboda, Nadine Geyersbach und Fania SorelBILD:

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