Solides Handgepäck muss nicht teuer sein
Große Qualitäts- und Preisunterschiede – Mängel in der Handhabung – Nervende Rollgeräusche
Gute Handgepäckkoffer gibt es ab 100 Euro. Man kann auch mehr als 650 Euro ausgeben – und bekommt eher mäßige Qualität.
BERLIN/KU – Passagiere können kleine Koffer in die Flugzeugkabine mitnehmen. Die Stiftung Warentest hat 20 solcher auch Trolleys genannten Modelle getestet: sowohl Hartschalen- als auch Weichgepäck. Gute Handgepäckkoffer gibt es ab 100 Euro. Man kann auch mehr als 650 Euro ausgeben – und bekommt eher mäßige Qualität. Von drei Trolleys raten die Tester wegen Schadstoffen ab, berichtet die Zeitschrift „test“in ihrer Oktober-Ausgabe.
Weich oder hart
Qualitativ repräsentieren die getesteten Koffer fast die ganze Bandbreite: von gut über befriedigend, ausreichend bis mangelhaft. Der teuerste Koffer im Test, ein exklusives Alumodell von Rimova zum Preis von 660 Euro, zeigte Schwächen im Haltbarkeitstest. Nach der Fallprüfung aus einem Meter Höhe hatte er mehr als kleine Blechschäden. Die Rollenaufhängungen wurden tief ins Gehäuse gedrückt. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern schränkt auch die Funktionstüchtigkeit ein.
Die Tester massen außerdem ein Leergewicht von 4,2 Kilogramm. Je nachdem, mit welcher Fluggesellschaft der Kurzurlauber oder Dienstreisende unterwegs ist, kann er nur sehr wenig in seinen teuren Koffer packen. Manche Airlines, etwa Condor, erlauben nur sechs Kilo schweres Handgepäck.
Vor dem Kofferkauf gilt es zwei Fragen zu beantworten. Harte oder weiche Schale? Zwei oder vier Rollen? Hartschalenkoffer sind in der Regel stoßunempfindlich und bieten dem Inhalt einen guten Schutz. Sie bestehen häufig aus den Kunststoffen ABS oder Polycarbonat und wiegen teilweise nur zwei bis 2,5 Kilogramm. Bei den Hartschalenkoffern liegt der Samsonite Neopuls für 219 Euro vorn. Der American Tourister Bon Air für 110 Euro ist das billigste gute Hartschalenmodell.
Weichschalenkoffer bestehen meist aus Polyester oder Polyamid und sind flexibler als Hartschalenmodelle. Ihre Außentaschen bieten Platz für Dokumente, Zeitschriften, Laptop und was sonst noch griffbereit sein soll. Außerdem gibt die weiche Kofferhülle nach, so dass man etwas mehr hineinstopfen kann. Oft wird behauptet, dass Weichschalenkoffer bei intensiver Nutzung unansehnlich werden. Der Test liefert dafür keine Belege. Die Scheuerprüfung haben fast alle Modelle sehr gut überstanden. Bester Weichschalenkoffer ist der Stratic Unbeatable 2 für 160 Euro. Gerade noch gut und günstiger ist der Saxoline Blue Alpine für 100 Euro.
Zahl der Rollen
Ob weiche oder harte Schale – am Ende entscheidet darüber meist der persönliche Geschmack. Das trifft auch für die Zahl der Rollen zu. In den vergangenen Jahren haben sich Koffer mit vier Rollen immer mehr durchgesetzt. Häufig sind es sogar acht, nämlich vier Doppelrollen. Vier beziehungsweise acht Räder bieten durchaus Vorteile. Auf glatten Böden kann der Koffer zum Beispiel seitlich leicht geschoben werden. Auf holprigem Grund muss der Reisende ihn aber wie einen Zweiradkoffer ziehen.
Menschen mit Rollkoffern gehen in Städten mit vielen Touristen den Einheimischen auf die Nerven. Grund ist das Scheppern, das die Rollen auf holperigen Untergründen verursachen. Die Tester haben das Rollgeräusch der Koffer auf verschiedenen Belägen subjektiv bewertet. Superleise Rollen, wie mitunter versprochen, hat keiner. Auf unebenen Wegen machen alle mehr oder weniger Krach.
Die mit gut bewerteten Koffer unterscheiden sich unter anderem in der Handhabung. Perfekt ist in diesem Punkt keiner. Neben den teilweise etwas lauten Rollgeräuschen sind einige Koffer nicht besonders standfest. Und etliche Teleskopgriffe sind etwas wackelig oder liegen nicht wirklich angenehm in der Hand. Auch innen sind die Koffer nicht immer praktisch. Die Tester monieren zum Beispiel zu kurze Riemen oder Bänder.
Die meisten getesteten Koffer haben ein TSA-Schloss. Bei Reisen in die USA kann die TSA-Behörde (Transportation Security Administration) die Koffer öffnen und durchsuchen. Das bewahrt Reisende davor, dass die Beamten das Schloss aufbrechen.
Drei Koffer sind mangelhaft, weil ihre Griffe mit Schadstoffen belastet sind. Im Teleskopgriff des Galeria Kaufhof/Eminent Noblesse und im Tragegriff des Samsonite Smarttop fanden die Prüfer erhöhte Mengen an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), im Tragegriff des Billigkoffers von Primark zusätzlich noch Phthalat-Weichmacher. Beim Anfassen der Griffe können die Schadstoffe über die Haut in den Körper gelangen.