Wie sich Luthers Idee rasend schnell verbreiten konnte
Seine Kritik war nicht neu – Trotzdem löste sie einen beispiellosen Umbruch aus
WITTENBERG – Die von Martin Luther ausgelöste Reformation jährt sich 2017 zum 500. Mal. Doch was bedeutet dieser historische Umbruch?
Was bedeutet der ? Begriff Reformation
Als Reformation wird eine Phase in der Kirchengeschichte bezeichnet, die zur Trennung von katholischer und evangelischer Kirche führte. Auslöser war der theologische Streit um den Ablass: Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte der Mönch und Theologieprofessor Martin Luther 95 Thesen, die die Auswüchse des Ablasshandels verurteilten.
War Luther der erste, ? der diese Kritik äußerte
Lutherbiograf Heinz Schilling sagt, dass es zu Luthers Zeiten bereits eine verbreitete „Ablassverachtung“in der Bevölkerung gab. Insbesondere unter den Gebildeten habe der Ablass deutlich an Akzeptanz verloren. Auch Luthers Papstkritik, sein Antiklerikalismus und seine Idee vom Priestertum aller Gläubigen wurden schon im 15. Jahrhundert vielfach diskutiert. Luther habe den Wandel in der Kirche nicht ausgelöst, sagt Schilling. Er habe ihn aber wesentlich vorangetrieben.
Wollte Luther die ? Kirchenspaltung
Historiker und Theologen sind sich sicher, dass er anfangs eine Reform der bestehenden Kirche durch eine Rückkehr zur ursprünglichen Wahrheit des Evangeliums im Sinn hatte. Erst als Luther auf erbitterten Widerstand stieß, radikalisierte er seine Kritik an Papst und Kirche. Spätestens
1520/21 war das Tischtuch zerschnitten.
Warum verbreitete sich ? Luthers Lehre so schnell
Schilling macht dafür unter anderem Luthers überragendes publizistisches Talent, sein prophetisches Sendungsbewusstsein und sein politisches Gespür verantwortlich. Durch die Erfindung des Buchdrucks verbreiteten sich die Schriften der Reformation rasend schnell – wozu auch die immer dichtere Vernetzung Europas durch Universitäten und Handel beitrug. Auch die volksnahe Übersetzung der Bibel ins Deutsche trug zur Verbreitung der Ideen bei. Nach Darstellung von Schilling fiel Luthers Lehre von einem gnädigen Gott zudem auf fruchtbaren Boden. Das Kirchenvolk habe den Heilszusagen der Priesterkaste nicht mehr getraut.
Warum erhielt Luther ? auch politischen Schutz
Da der Kaiser Schutzherr der Kirche war und Sorge vor einer Destabilisierung des Reiches hatte, fühlte sich Karl V. herausgefordert, den Papst zu stützen. Demgegenüber waren einzelne Landesherren gewillt, Kaiser und Kirche zu schwächen. Daraus entwickelte sich ein Gegensatz zwischen protestantischen und katholischen Fürsten. Luther stärkte den Einfluss der evangelischen Fürsten, weil er sie zu Trägern der evangelischen Landeskirchen machte.
Warum gibt es mehrere ? evangelische Kirchen
Die evangelische Bewegung zersplitterte sehr schnell. Schon während Luther 1521/22 im Versteck auf der Wartburg die Bibel übersetzte,
gewannen in Wittenberg radikale Kräfte an Einfluss, die etwa die Abschaffung der Heiligenbilder und der Kirchenmusik forderten. Luther billigte dies ebenso wenig wie die radikalen Kräfte, die im Bauernkrieg aus der Bibel eine soziale Revolution herleiteten. Andere Richtungen bildeten sich in Süddeutschland und der Schweiz heraus.
Wie reagierte die ? katholische Kirche
Der Weckruf der Reformation erhöhte den Druck auf Papst und Amtskirche, die Kirche zu erneuern. Beim Konzil von Trient (1545-1563) definierte sie ihre Lehre verbindlich, grenzte sich von den Protestanten ab, gab aber auch den Startschuss für eine Aufholjagd in Richtung religiöser Bildung, Schulen und Universitäten. Vor allem die Jesuiten setzten die Gegenreformation durch.