Ärztin schenkt kranken Kindern Lächeln
PROJEKT Dr. Deike Rosenbusch aus Bloh hilft ehrenamtlich kleinen Patienten im Slum von Nairobi
Zwei Monate verbrachte die 32-jährige Ammerländerin für die „German Doctors“in der kenianischen Hauptstadt. Der Einsatz verlief höchst emotional.
BLOH/NAIROBI – Fensterlose Baracken, die teilweise nur einige Quadratmeter groß sind, beherbergen bis zu zehn Menschen. „Fließendes Wasser, Strom und Abwasser- oder Müllentsorgung gibt es nicht. Trotzdem sind die Menschen unermüdlich darum bemüht, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, allerdings häufig chancenlos.“Das sagt die 32jährige Ärztin Dr. Deike Rosenbusch aus Bloh, die sich für Kinder in der Dritten Welt einsetzt. In diesem Jahr war sie für zwei Monate im Mathare Valley-Slum der kenianischen Hauptstadt Nairobi tätig, wo sie kranke Kinder medizinisch versorgte.
Eine hochemotionale Erfahrung für die junge Ärztin, die in Kenia ehrenamtlichen im Rahmen des Nairobi-Projektes der Organisation „German Doctors“tätig war. Zuvor hatte sie für kleine Hilfsorganisationen in Peru und Myanmar gearbeitet.
„Die ersten paar Tage im Mathare Valley-Slum haben mich sehr schockiert. Obwohl man aus den Medien Eindrücke von den dortigen Lebensbedingungen kennt, war es doch eine ganz andere Erfahrung, es mit eigenen Augen zu sehen“, erzählt Deike Rosenbusch. Knapp eine halbe Millionen Menschen leben dort zusammengedrängt auf engstem Raum.
Geduldige Patienten
Alle sechs Ärzte des Projekts wohnten zusammen in einem Haus und wurden morgens mit einem kleinen Van in den Slum gebracht. Um 8 Uhr fing der Arbeitstag an. Zu diesem Zeitpunkt reihten sich bereits unzählige Patienten auf langen Bänken geduldig vor den Behandlungszimmern auf. „Ich war als Kinderärztin für alle kleinen Kinder zuständig, die Kinder ab sechs Jahren mussten in den meisten Fällen von meinen Kollegen gesehen werden, da es einfach zu viele waren“, berichtet Deike Rosenbusch. Mitarbeiter aus dem Projekt bestimmten bei jedem Kind das Gewicht, die Größe und die Temperatur und markierten die besonders kranken Kinder. „Ich habe bis zu 70 Kinder an einem Tag gesehen.“
Ein kleines Labor und eine Apotheke sind im Projekt vorhanden, so dass die Ammerländer Ärztin wichtige Blutwerte direkt bestimmen und Kindern unmittelbar z.B. Antibiotika verabreichen konnte. Auch ein Ultraschallgerät stand zur Verfügung. „Wollte man kompliziertere Untersuchungen oder auch nur ein Röntgenbild haben, musste man die Kinder ins Krankenhaus überweisen“, erzählt die 32-Jährige.
Der Einsatz in Nairobi war emotional sehr fordernd für die Ärztin: „Die emotionalsten Erlebnisse waren sicherlich die, bei denen es um verstorbene Kinder ging“, sagt Deike Rosenbusch. Direkt im Projekt sei keines der Kinder gestorben, aber von den Kindern, die sie ins Krankenhaus eingewiesen hat, hätten einige nicht überlebt, berichtet die Ärztin. Dies habe sie entweder auf Nachfrage telefonisch erfahren oder wenn die Eltern vollkommen verzweifelt wieder in die Ambulanz gekommen sind.
Schreckliches Schicksal
„Besonders eine Mutter, deren mangelernährtes Kind einen eigentlich einfach zu behandelnden MagenDarm-Infekt hatte, ist mir in Erinnerung geblieben“, erzählt die 32-jährige. Am Tag, nachdem Deike Rosenbusch das Kind mit der Ambulanz ins Krankenhaus hatte bringen lassen, „stand sie aufgelöst in meinem Behandlungszimmer. Über meine Übersetzerin Etna habe ich herausbekommen, dass ihre kleine Tochter in der Nacht im Krankenhaus verstorben ist. Was für einen Trost kann man einer solchen Frau geben? Es ist eine unfassbare Ungerechtigkeit, dass ihr Kind sterben musste“, sagt die Ammerländer Ärztin.
Doch es gab auch viele positive Erfahrungen: „Einige Mütter haben sich für Stunden in die langen Wartereihen eingereiht, nur um mir zu zeigen, dass es ihrem Kind nach unsere Behandlung wieder gut ging. Daneben gab es unzählige kleine Momente, die man in der Arbeit mit Kindern immer wieder hat, die mir sehr positiv in Erinnerung bleiben.“
Die Eltern seien häufig etwas schüchtern gewesen, „die Kinder dafür umso aufgeschlossener und sehr interessiert an dem unbekannten, hellhäutigen Wesen“, erzählt die 32-Jährige. Den direkten Kontakt habe die Sprachbarriere erschwert, da die meisten Menschen im Slum ausschließlich Kisuaheli und ihre eigene Stammessprache sprechen. „Über meine Übersetzerin Etna konnte ich jedoch alles Wichtige erfahren.“
Dr. Deike Rosenbusch hatte sich akribisch auf ihren Auslandseinsatz vorbereitet, um Gefahren so gut es ging vorzubeugen. „Ich bin gut geimpft nach Nairobi geflogen, aber die generelle Gefahr von Tuberkulose, die im Slum sehr hoch ist, bestand trotzdem. Beim Blutabnehmen muss man sich zudem Gedanken um das Risiko einer HIV-Infektion machen“, sagt sie.
Schüsse im Slum
Doch auch die Kriminalität vor Ort war deutlich spürbar. „Aus dem Slum haben wir immer wieder Schüsse gehört. Insgesamt habe ich mich jedoch unter Einhaltung bestimmter Sicherheitsvorkehrungen sicher gefühlt“, sagt die 32-Jährige.
Neben dem Krankheitsspektrum, dass sie aus Deutschland gewohnt war, handelte es sich bei der anderen Hälfte der Fälle in Nairobi um Kinder mit Erkrankungen wie Tuberkulose, Malaria, Cholera, Sichelzellanämie, Hautinfektionen, schweren Verbrennungen aufgrund offener Feuer oder HIV-Neudiagnosen. „Zudem gab es viele Kinder mit Mangelernährung und Erkrankungen durch Vitaminmangel, bei denen ich immer sehr froh war, dass wir ans Projekt angegliedert ein Ernährungszentrum hatten“, sagt Deike Rosenbusch.
Ihr Arbeitstag endete meist gegen 17 Uhr, es wurde jedoch gearbeitet, bis alle Patienten gesehen worden waren. „Wegen der Gefahr der Heimreise in der Dunkelheit, gerade auch für die lokalen Projekt-Mitarbeiter, haben wir uns aber bemüht, den Arbeitstag im Hellen zu beenden“, sagt die 32-Jährige.
Für sich persönlich und ihren weiteren beruflichen Weg nimmt Deike Rosenbusch viel mit aus Nairobi. „Dass Kinder sich nicht richtig entwickeln können oder sterben müssen, weil sie nicht den gleichen Zugang zu medizinischer Versorgung haben wie in der westlichen Welt, ist eine Ungerechtigkeit, die für mich ein Antrieb ist, mich gerade auch für diese Kinder einzusetzen.“
Studium in London
Derzeit absolviert die Ärztin in London ein weiterführendes Studium im Bereich Public Health. „Ich hoffe, mit dem Studium und meinen Auslandserfahrungen in der Zukunft die Möglichkeit zu haben, vielen Kindern zu helfen. Ob dies primär im Ausland oder in Entwicklungsländern sein wird, kann ich noch nicht sagen.“