In letzter Minute
Und sie bewegen sich doch! Über Jahre hinweg hatten sich Bund und Länder gegenseitig blockiert. Der Versuch, Ordnung und neue Strukturen ins sehr komplexe System der Finanzbeziehungen zu bringen, schien zum Scheitern verurteilt. Zu unterschiedlich waren die Interessen und die Ausgangspositionen. Dass der Durchbruch nun doch gelungen ist – und zwar quasi in letzter Minute –, bevor jeder der beteiligten Akteure nur noch an das Superwahljahr 2017 denkt, muss man nicht unbedingt als historisch bezeichnen. Außergewöhnlich ist es dennoch.
Die Ministerpräsidenten hatten sich bereits im vergangenen Jahr untergehakt, mit 16:0 ihren Wunschkatalog verabschiedet – ein Geschäft zulasten Dritter, bei dem kein einziges Bundesland nachher schlechter dasteht als vorher. Soll ihnen doch der Bund mit Milliarden aus der Patsche helfen!
Nach dieser Vorgeschichte blieben Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble eigentlich nur noch zwei Alternativen: Entweder das Ganze scheitern lassen oder Schadensbegrenzung betreiben. Letzteres ist nun im finalen Verhandlungsmarathon im Kanzleramt gelungen. Der Finanzbeitrag des Bundes soll sich über die Jahre hinweg nicht ungebremst vergrößern, sondern der Anstieg wird immerhin gedeckelt. Im Windschatten des Streits um Umsatzsteuerpunkte und dynamisierte Finanzzuweisungen ist es Merkel und Schäuble gelungen, einige bedeutsame Pflöcke einzuschlagen. Der Kompromiss sieht zwar nicht die Abschaffung des Solidaritätszuschlags vor, wohl aber das Auslaufen der Sonderförderung für die neuen Länder. Darüber hinaus erhält der Bund ein schärferes Instrumentarium zur Überwachung der Haushaltspolitik notorisch klammer Länder und könnte ihnen so Wege zur Konsolidierung weisen.
Dass nun alle Ministerpräsidenten von Horst Seehofer bis Hannelore Kraft voll des Lobes sind, zeigt, dass der Kompromiss gut ist, aber eben auch sehr teuer. Ihn gegenzufinanzieren, dürfte für den Bund nicht leicht werden und die Spielräume für Steuersenkungen und weitere Investitionen für die Zukunft erheblich einschränken.
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