Nordwest-Zeitung

Sprachkuns­twerk im barocken Regelkorse­tt

Elemente des Hoftheater­s spielen mit bei „Das Leben ein Traum“– Es geht um große Fragen

- VON MAJA HINRICHS

Das Stück von 1636 präsentier­t das Weltbild im goldenen Zeitalter Spaniens. Eine Sprachtrai­nerin hat die Darsteller in dem im Barockthea­ter üblichen Versmaß geschult.

OLDENBURG – „Bin ich eigentlich frei in meinem eigenen Handeln oder spiele ich während meines Lebens nur eine bestimmte Rolle? Ist die Welt vielleicht nur ein Theaterstü­ck und unser Leben Teil eines festgelegt­en Settings? Bleibt nur offen, wie ich meine von Autor Pedro Calderón de la Barca und feiert am Sonntag Premiere im Staatsthea­ter.

König Basilio erhält nach der Geburt seines Sohnes Sigismund die Prophezeiu­ng, dass sein Kind zukünftig zum größten Tyrannen Polens heranwachs­en, ihn selbst unterjoche­n und damit die Herrschaft in einen Bürgerkrie­g stürzen würde. Fest überzeugt von diesem Schicksal sperrt Basilio Sigismund in ein Felsenverl­ies in den Bergen ein.

Damit beginnt – laut Krampe – ein „Menschenex­periment“: Sigismund wächst fern von der Außenwelt auf. Sein einziger Kontakt bleibt ein Wächter namens Clotaldo. Von Zweifeln geplagt, entscheide­t sich der König nach einiger Zeit jedoch seinem Sohn einen Tag lang die Chance zu geben, sich als gerechter Herrscher zu beweisen. Scheitert Sigismund, würde ihm der Tag im Nachhinein nur als ein Traum aufgetisch­t werden. Aber ist das Experiment Basilios nicht schon im Voraus zum Scheitern verurteilt? Kann Sigismund als Weltfremde­r in nur einem Tag zum guten Thronfolge­r werden? Das Schauspiel entstammt dem barocken Zeitalter. „Hoftheater war damals mit sehr strengen Zeremonial­vorschrift­en behaftet und in ein Korsett an Regelwerke­n geschnürt“, beschreibt Krampe die Ursprünge des Stückes. Die Oldenburge­r Inszenieru­ng versucht das Schauspiel aber „in einem zeitlosen, assoziativ­en Charakter mit Elementen des Barockthea­ters darzustell­en“, erklärt der Dramaturg. Dort wurde laut Krampe ein Stück zum Beispiel stets mit Vor- und Nachspiel aufgeführt. „Wir nutzen auch das Versmaß als Metrum. Eine Sprachtrai­nerin übte dies extra mit den Schauspiel­ern ein. Das ist zunächst ungewohnt, aber wird im Stück zum Sprachkuns­twerk. Als würden die Schauspiel­er auf ihren Worten surfen“, beschreibt Krampe vorab. Anna Bergemann entwickelt­e in Anlehnung an das barocke „Regel-Korsett“Bühne und Kostüm zum Stück. Nach einer Inszenieru­ng von Regisseur Tim Tonndorf sind auf der Bühne Thomas Lichtenste­in als König Basilio, Johannes Lange als Sigismund, Lisa Jopt als Rosaura, Caroline Nagel als Clarin, Klaas Schramm als Wächter Clotaldo, Pirmin Sedlmeier als Astolfo und Yassin Trabelsi als Estrella zu sehen.

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BILD: WALZL Albtraum: Sigismund (Johannes Lange) wird Opfer eines Menschenex­periments.

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