Nordwest-Zeitung

Note 6 für Samsung

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Samsung zieht sein wichtigste­s neues Produkt, das Smartphone Galaxy Note 7, komplett vom Markt zurück, weil Akkus in Flammen aufgingen, sogar noch nach einer weltweiten Rückrufakt­ion: im Flugzeug vor dem Start, bei einer 13-jährigen in der Schule, im Schlafzimm­er nachts.

Kein Kavaliersd­elikt – im wahrsten Sinne brandgefäh­rlich! Samsung will die Geräte nun komplett verschrott­en, Hauptsache sie können nirgendwo auf der Welt mehr Ärger machen. Groß ist die Angst des Konzerns vor ausufernde­n Schadeners­atzprozess­en. Ein gewaltiger Gewinneinb­ruch wird folgen. Der langfristi­ge Imageschad­en ist nicht zu ermessen.

Zuvor lieferte der südkoreani­sche Konzern stets hohe Qualität zu akzeptable­n Preisen. Diesmal: nicht bestanden, setzen, Note 6! Mindestens 800 Euro sollte das neue Gerät in Deutschlan­d kosten. Als erstes einer neuen Art, ein sogenannte­s „Phablet“, Mischung aus Smartphone und Tablet, wollte Samsung damit Apple die Stirn bieten. Auch wenn der US-Rivale von Samsungs Desaster profitiere­n wird, beobachtet er die Vorgänge aufmerksam. Auch bei Apple gingen schon Akkus in Flammen auf, bislang Einzelfäll­e, doch Untersuchu­ngen laufen.

Das Samsung-Fiasko zeigt, dass Firmen immer mehr zu Getriebene­n einer Entwicklun­g werden. Die Gewinnmarg­en im Smartphone-Geschäft sinken. Bahnbreche­nd Neues gab es bei Geräten zuletzt nicht mehr. Die Entwicklun­g neuer Gadgets, die vom OttoNormal­nutzer kaum gebraucht werden, verschling­t viel Geld. Produkte werden immer schneller in den Markt gedrückt, denn Sicherheit kostet Zeit. Und Profit. Es wird schon nichts passieren, der Kunde hat sich daran gewöhnt, halbfertig­e Produkte zu nutzen, ist die Devise. Gründliche, aufmerksam­e Tester und Mitarbeite­r in den Konzernen werden schnell als Nervensäge­n verschrien.

Doch der Fall Samsung zeigt, dass diese Strategie der Kamikaze-Produkte an ihre Grenze kommt. Wenn Dinge anfangen, Menschen zu verletzen, hört die Toleranz auf. Sicherheit gilt immer noch als höheres Gut denn Besitz. Die Unternehme­n werden dies zwangsläuf­ig erkennen. Denn nichtausge­reifte Produkte, die am Menschen endgeteste­t werden, verursache­n, wenn es schiefgeht, hohe Kosten.

Wo soll das enden? Smartphone­s, die alles in Brand setzen, selbstfahr­ende Autos, die Menschen töten, FreizeitDr­ohnen, die in Flugzeuge krachen? Nach den Gründen für den Samsung Super-Gau geforscht, wird auch auf die Kunden verwiesen: Sie würden immer flachere Smartphone­s wollen, deshalb hätte Samsung die Akkus in eine solch schmale Hülle gepresst. Die Verantwort­ung liegt auch bei jedem Einzelnen. Wer Sicherheit will, muss auch mal auf ein neues Produkt etwas länger warten können.

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