Keine Mehrheit für Änderung des Grundgesetzes
FRAGE: In Ferdinand von Schirachs Theaterstück „Terror“hat ein Terrorist eine Passagiermaschine entführt, zwingt den Flugkapitän, Kurs auf ein mit Menschen vollbesetztes Fußballstadion zu nehmen. Ein Jetpilot der Luftwaffe schießt die Maschine gegen den Befehl seines Vorgesetzten ab. Schuldig oder nicht schuldig? JUNG: Nicht schuldig! Der Pilot handelt aus einem übergesetzlichen Notstand heraus. Er kommt in dieser Extremsituation zu der Entscheidung, dass er die Menschen im Stadion retten muss. Deshalb entscheidet er sich für den Abschuss des Flugzeuges. Es ist gut, wenn das Thema jetzt von einer breiten Öffentlichkeit diskutiert wird. FRAGE: Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings das Luftsicherheitsgesetz für verfassungswidrig erklärt und damit die Möglichkeit für einen solchen Abschuss im Notfall eingeschränkt. JUNG: Bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ging es genau um diesen Fall, den von Schirach beschreibt. Die Passagiere im Flugzeug sind dem Tode geweiht. Sie werden sterben. Bei dem Terroranschlag 9/11 mit zwei Flugzeugen auf das World Trade Center hat kein einziger Passagier überlebt. Bei einem solchen Fall handelt es sich um eine Extremsituation. Das Bundesverfassungsgericht hat auch klargestellt, dass jemand, der dennoch eine Entscheidung für einen Abschuss trifft, straffrei bleiben kann. Das geht nur, wenn man sich auf einen übergesetzlichen Notstand berufen kann. Karlsruhe hat erklärt, man dürfe Leben nicht gegen Leben abwägen. Aber an anderer Stelle geschieht das sehr wohl. Bei der medizinischen Indikation etwa entscheiden wir uns auch dafür, das Leben der Mutter zu retten und das Leben des Kindes nicht. FRAGE: Aber mit dem Abschuss eines Passagierflugzeugs und dem Tod von Unschuldigen würde man sich über Gesetz und Verfassung stellen, oder? JUNG: Eine verfassungsrechtliche Klarstellung wäre sinnvoll. Immer wenn die Mittel der Polizei nicht ausreichen, sollte auch die Bundeswehr eingreifen können. Dafür gibt es aber leider keine notwendige verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit. So muss der Verteidigungsminister in einer solchen Situation allein entscheiden. Im extremen Notfall kann er sich auf den übergesetzlichen Notstand berufen. BERLIN/DPA – Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) will bei der nächsten Bundestagswahl im kommenden Herbst nicht wieder kandidieren. Das habe Lammert (67) in einem Schreiben an seinen CDU-Kreisverband Bochum mitgeteilt, teilte der Sprecher des Bundestages, Ernst Hebeker, am Montag mit. Lammert teilt in seinem Schreiben an die Parteifreunde in Nordrhein-Westfalen mit, sein Entschluss sei nach reiflicher Überlegung gefallen. „Der Abschied aus der aktiven Politik fällt mir nicht leicht.“Am Ende dieser Legislaturperiode gehöre er dem Bundestag 37 Jahre an. „Ich denke, es ist nun Zeit für einen Wechsel, zumal auch ich nicht immer jünger werde“, schreibt der CDU-Politiker weiter.
Seit Monaten wird in der Politik spekuliert, Lammert habe Chancen auf die Nachfolge Gaucks bei der Wahl im kommenden Februar. Von Anfang an war er der am häufigsten genannte Name. Dem Bundestagspräsidenten wird das Amt allgemein zugetraut. Er hält geschliffene Reden, kann repräsentieren. Lammert selbst hat alle Ambitionen zurückgewiesen. Der Rückhalt in der Union wäre ihm nach Einschätzung von Parteifreunden sicher. Allerdings dürfte die Unterstützung der SPD fehlen.