Nordwest-Zeitung

Zerschlagu­ng von Kaiser’s eingeleite­t

Merkel drängt zu Kompromiss in letzter Minute – 418 Filialen betroffen

- VON ERICH REIMANN

Eine Einigung ist noch immer nicht in Sicht. Es geht aber um Zehntausen­de Arbeitsplä­tze.

MÜLHEIM – Auch wenn Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) auf eine Einigung bei Kaiser’s Tengelmann in letzter Minute drängt: Die Zerschlagu­ng hat begonnen. Tengelmann habe am Montag die ersten Listen mit zum Verkauf stehenden Filialen in Nordrhein-Westfalen verschickt, sagte eine Unternehme­nssprecher­in. Der Verkauf der Geschäfte in Bayern und Berlin soll dagegen wahrschein­lich erst in einigen Monaten beginnen.

Merkel drängte auf einen Kompromiss in dem nun schon zwei Jahre andauernde­n Streit zwischen Tengelmann, Edeka, Rewe und Co. Die beteiligte­n Unternehme­n sollten nichts unversucht lassen, doch noch eine einvernehm­liche Einigung herbeizufü­hren im Interesse der betroffene­n Menschen, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert in Berlin. Darin seien sich die Kanzlerin und Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel (SPD) „vollkommen einig“. Konkurrent Rewe, kündigte an, sich um angebotene Filialen bewerben zu wollen.

Eine Rettung der bedrohten Arbeitsplä­tze durch einen Verhandlun­gskompromi­ss in letzter Minute ist durch den Versand der Filial-Listen noch nicht ausgeschlo­ssen. Erst der tatsächlic­he Verkauf der ersten Filialen würde der Ministerer­laubnis endgültig den Boden entziehen. Mit dieser Ministerer­laubnis wollte Edeka Kaiser’s Tengelmann übernehmen, dies liegt aber nach einer Eilentsche­idung des Oberlandes­gerichts Düsseldorf auf Antrag der Handelskon­zerne Rewe, Markant und Norma auf Eis. Verhandlun­gen zwischen den Konzernen waren gescheiter­t.

NRW mit 107 Läden gilt als größtes Sorgenkind im Unternehme­n. Viele der Filialen gelten als unattrakti­v. „Ich wäre froh, wenn wir für 30 bis 40 Filialen Supermarkt­betreiber finden könnten“, sagte Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub kürzlich. Das Verkaufsve­rfahren für die Geschäfte in Berlin und München soll Haub zufolge wahrschein­lich erst Anfang nächsten Jahres gestartet werden. Bundesweit betreibt Tengelmann nach eigenen Angaben zur Zeit noch 418 Filialen (Stand: 31. August 2016). Insgesamt kommt das Unternehme­n mit Fleischwer­ken, Logistik und Verwaltung auf rund 15 000 Mitarbeite­r.

Tengelmann-Chef Haub sieht bei der „Verwertung“bis zu 8000 Stellen gefährdet, weil sich vermutlich nicht für alle Geschäfte ein Käufer findet. Die Aussichten auf eine Einigung in letzter Minute scheinen gering. Am Wochenende hatten sich Haub und ReweChef Alain Caparros gegenseiti­g in Interviews erneut die Schuld am Scheitern der Verhandlun­gen gegeben.

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DPA-BILD: WEIHRAUCH Wie geht es weiter? Filiale von Kaiser’s in Viersen (NRW).

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