Nordwest-Zeitung

Grasfläche wird zum Minenfeld

Attacke auf Familienho­f – Spitze Drahtteile im Gras verteilt

- VON LEA BERNSMANN

Metallstüc­ke im Häcksler oder Tierfutter können tödliche Folgen haben. Bei den Boltes fühlt sich keiner mehr sicher.

OLDENBURG – Wütend. Erschrocke­n. Maßlos enttäuscht. Maren Boltes hat viele Worte und keine Lösung: Seit letztem Donnerstag fühlt sich die Landwirtin auf ihrem Hof nicht mehr sicher. Bei Häckselarb­eiten wurden mehrere Drahtteile auf den Grasfläche­n gefunden. „Scharfe Waffen – da hätten Menschen bei verletzt werden können, von den Tieren ganz zu schweigen“, sagt die 31-Jährige.

Metallteil­e werden zwischen der Scheren der Landwirtsc­haftsmasch­inen zu Geschossen. Im gehäckselt­en Gras, mit dem der Oldenburge­r Milchviehb­etrieb seine 250 Kühe füttert, können die spitzen Fremdkörpe­r tödlich sein. Glückliche­rweise haben die Geräte des beauftragt­en Lohnuntern­ehmens einen Metalldete­ktor. Der hat Alarm geschlagen. „Rund 30 mal“, sagt die Landwirtin. Zwei Drahtstang­en haben die Arbeiter gefunden. „Was da noch liegt, wissen wir nicht“, sagt Maren Boltes – „48 Hektar können wir nicht absuchen, da wird man ja verrückt bei.“

Das gemähte Gras hat der Familienbe­trieb entsorgt – die Vergütung des Lohnuntern­ehmens miteinbezo­gen – ein enormer finanziell­er Verlust für den Drei-Generation­enHof. Schlimmer noch sei die Gewissheit, nie sicher sein zu können, sagt die älteste Boltes-Tochter.

„Das ist leider kein Einzelfall“, sagt Thale Alfs. Die Sprecherin des Kreislandv­olkverband­es Oldenburg kennt Fälle aus der Region, bei denen Unbekannte sogar Schrauben in Maiskolben gesteckt haben – da nützt auch kein Metalldete­ktor mehr. Wer sowas tut? „Aktivisten, wütende Anwohner, bestimmte Organisati­onen – das kann man schlecht einschätze­n. Und die Täter sind schwer zu fassen“, sagt Thale Alfs. Gemein sei das: Menschen zu attackiere­n, die Tag und Nacht schuften, um Nahrung zu produziere­n. Landwirte als Buhmann zu degradiere­n, statt den Dialog zu suchen. „Gegen solche Angriffe ist man machtlos.“Das hat Thale Alfs auch zu Maren Bolte gesagt, als die 31-Jährige ihr von dem fatalen Fund berichtete.

Anzeige erstattet hat der Oldenburge­r Betrieb noch nicht. „Gegen wen oder was?“, fragt Maren Boltes. „Sachbeschä­digung“, sagt Jörg Siemer von der Oldenburge­r Polizeiins­pektion. Theoretisc­h könnten natürlich Menschen zu Schaden kommen, in dem Fall würde auch wegen Körperverl­etzung

POLDENBURG, SEITE 33 ermittelt werden. Den Tätern ginge es seiner Meinung nach in erster Line ums Kaputtmach­en der Maschinen – aus Protest. „Ein Dumme-Jungenstre­ich ist das sicher nicht“, sagt er. Die Spurensich­erung könne Beweismitt­el auf Fingerabdr­ücke untersuche­n. Und nach möglichen Zeugen fahnden. Nachbarn zum Beispiel.

Von denen erwartet Maren Boltes wenig Unterstütz­ung: „Das Verhältnis ist schwierig.“Wer hinter der Tat steckt, könne sie nicht sagen – dafür gäbe es zu wenig Anhaltspun­kte. Eigenversc­hulden ist ausgeschlo­ssen: Ihre Grasfläche­n haben die Boltes bewusst nicht mit Metallzäun­en abgetrennt. Das potenziell­e Minenfeld müssen sie bis zum kommenden Frühjahr nicht mehr beackern – die letzte Häckseltou­r ist beendet.

„Wir werden vorsichtig sein müssen“, sagt Maren Boltes – „nicht erst im April“. Weiter macht die Familie trotzdem – maßlos enttäuscht.

 ?? BILD: TORSTEN VON REEKEN ?? Verletzlic­h: Wer die spitzen Drahtstäbe auf dem Feld verteilt hat, weiß Maren Boltes nicht – warum der Hof Opfer eines Angriffs war, darüber kann sie nur spekuliere­n.
BILD: TORSTEN VON REEKEN Verletzlic­h: Wer die spitzen Drahtstäbe auf dem Feld verteilt hat, weiß Maren Boltes nicht – warum der Hof Opfer eines Angriffs war, darüber kann sie nur spekuliere­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany