Nordwest-Zeitung

Rot/Rot/Grün macht den Liebestest

Parteien loten mögliches Bündnis aus – „Deutliches Zeichen an Union“

- VON TOBIAS SCHMIDT, BÜRO BERLIN

BERLIN – Das Ziel schweißt zusammen: „Eine Mehrheit diesseits der Union“. Rund hundert Vertreter von SPD, Linken und Grünen haben sich am Montag im Fraktionss­aal der Sozialdemo­kraten im Reichstags­gebäude getroffen, darunter auch SPD-Chef Sigmar Gabriel. Chancen für eine rot-rot-grüne Gegenbeweg­ung würden ausgelotet, eine „breite Basis in allen drei Parteien“gesucht, sagte Matthias Miersch, SPD-Linker und Initiator des Treffens, dieser Zeitung. „Die Große Koalition kommt bei zentralen Fragen an ihre Grenzen, vor allem dort, wo es um gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt geht.“

Vereint sind die drei Parteien vor allem im Wunsch nach Macht und Wandel, doch Hürden und Differenze­n bleiben bestehen. Am größten scheinen sie zwischen Rot und Rot. Eine klare Tagesordnu­ng gab es am Dienstag nicht. Immerhin signalisie­rten die Abgeordnet­en Aufgeschlo­ssenheit für den Dreierpakt – allen Animosität­en zum Trotz. „Wir gehen raus aus dem Hinterzimm­er“, sagte SPD-Fraktionsv­ize Axel Schäfer.

„Reden hilft immer“, kommentier­te SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann die Zusammenku­nft, die den Machtwechs­el vorbereite­n soll. Er begrüße das Treffen „ausdrückli­ch“, sagte auch Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch, dämpfte aber eine „etwas übertriebe­ne Euphorie“. Die Linke werde nicht für Rot/Rot/Grün in den Wahlkampf ziehen, sondern mit ihrem eigenen Programm. Auch Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter will trotz der Chance zum Bau „stabiler Brücken“am Profil seiner Partei nicht rütteln.

Sein Parteikoll­ege Jürgen Trittin nannte das Dreierbünd­nis gegenüber dieser Zeitung „die richtige Antwort auf den Aufstieg der AfD“. „Zum einen hieße das klare Kante gegen Rechts statt Seehofersc­hem Hinterherl­aufen. Zum anderen würde es CDU und CSU ermögliche­n, Wähler der AfD zurückzuge­winnen.“

Der Blick auf die Umfragewer­te der Parteien offenbart das Dilemma: Derzeit würden SPD, Linksparte­i und Grüne keine absolute Mehrheit zustande bringen, kämen auf maximal 46 Prozent. Wegen des hohen Rückstande­s seiner Partei von acht Punkten zur Union hätte die SPD ohne Linke und Grüne keine Chance auf das Kanzleramt. Gabriel hatte sich deshalb schon vor Monaten für ein breites Linksbündn­is stark gemacht, ohne konkrete Schritte folgen zu lassen.

Parteienfo­rscher Jürgen Falter spricht mit Blick auf das Strategiet­reffen am Dienstagab­end von einem „sehr deutlichen Zeichen“für die Union, „dass Rot/Rot/Grün ernst gemeint sein könnte“. Und das müsste für die Union nicht einmal schlecht sein. Wenn sich Rot/Rot/Grün als Alternativ­e klar positionie­re, sagte Unions-Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Michael Grosse-Brömer, gebe das auch CDU und CSU die Chance auf eine klare „inhaltlich­e Auseinande­rsetzung“im Wahlkampf.

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