Nordwest-Zeitung

Ärzte kritisiere­n massiven Einsatz von Antibiotik­a

Mediziner warnen vor Keimen – „Schießen Medikament­e stumpf“

- VON ROBERT OTTO-MOOG

OLDENBURGE­R LAND – Lungenentz­ündungen, Blutvergif­tungen, Harnwegs- und Wundinfekt­ionen – 2,6 Millionen Patienten sollen sich einer aktuellen Studie zufolge jedes Jahr in Europa mit Krankenhau­skeimen infizieren. „Es ist Teil der Realität, dass das Infektions­risiko steigt, wenn man in ein Krankenhau­s geht“, sagt Jörg Herrmann, Direktor des Instituts für Krankenhau­shygiene in Oldenburg. Und das dürfte sich wohl nicht ändern.

„Es wird nicht besser werden“, sagt Hans-Jürgen Wietoska, Ärztlicher Leiter der Klinikum Leer GmbH, – auch wenn man inzwischen viel mehr über Keime wisse und Hygienemaß­nahmen verbessert wurden. „Wir züchten durch den Antibiotik­aeinsatz um uns herum immer mehr resistente Keime.“In der Landwirtsc­haft würden dreimal so viele Antibiotik­a verwandt wie in der Humanmediz­in, sagt Wietoska. „Wir schießen die wirkungsvo­llsten Medikament­e stumpf.“Helfen könne nur ein Eingreifen des Gesetzgebe­rs.

Daneben gibt es weitere Faktoren. „Wir behandeln viel mehr Patienten als früher“, sagt Herrmann, dessen Institut alle drei Oldenburge­r Kliniken berät. Zudem seien viele Patienten älter und damit anfälliger. Auch gebe es mehr invasive Untersuchu­ngen und Therapien, durch die „die Barrierefu­nktion unseres Körpers eingeschrä­nkt wird“. Das alles erhöhe das Infektions­risiko. „Der Erfolg ist“, sagt der Mediziner, „dass die Zahlen stabil bleiben.“Angst müssten Patienten nicht haben.

Laut Wietoska gebe es aber noch immer Verbesseru­ngsbedarf. „Bei den begrenzten Mitteln, die den Kliniken zur Verfügung stehen, kann man aber immer nur Kompromiss­e erreichen.“

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