Ärzte kritisieren massiven Einsatz von Antibiotika
Mediziner warnen vor Keimen – „Schießen Medikamente stumpf“
OLDENBURGER LAND – Lungenentzündungen, Blutvergiftungen, Harnwegs- und Wundinfektionen – 2,6 Millionen Patienten sollen sich einer aktuellen Studie zufolge jedes Jahr in Europa mit Krankenhauskeimen infizieren. „Es ist Teil der Realität, dass das Infektionsrisiko steigt, wenn man in ein Krankenhaus geht“, sagt Jörg Herrmann, Direktor des Instituts für Krankenhaushygiene in Oldenburg. Und das dürfte sich wohl nicht ändern.
„Es wird nicht besser werden“, sagt Hans-Jürgen Wietoska, Ärztlicher Leiter der Klinikum Leer GmbH, – auch wenn man inzwischen viel mehr über Keime wisse und Hygienemaßnahmen verbessert wurden. „Wir züchten durch den Antibiotikaeinsatz um uns herum immer mehr resistente Keime.“In der Landwirtschaft würden dreimal so viele Antibiotika verwandt wie in der Humanmedizin, sagt Wietoska. „Wir schießen die wirkungsvollsten Medikamente stumpf.“Helfen könne nur ein Eingreifen des Gesetzgebers.
Daneben gibt es weitere Faktoren. „Wir behandeln viel mehr Patienten als früher“, sagt Herrmann, dessen Institut alle drei Oldenburger Kliniken berät. Zudem seien viele Patienten älter und damit anfälliger. Auch gebe es mehr invasive Untersuchungen und Therapien, durch die „die Barrierefunktion unseres Körpers eingeschränkt wird“. Das alles erhöhe das Infektionsrisiko. „Der Erfolg ist“, sagt der Mediziner, „dass die Zahlen stabil bleiben.“Angst müssten Patienten nicht haben.
Laut Wietoska gebe es aber noch immer Verbesserungsbedarf. „Bei den begrenzten Mitteln, die den Kliniken zur Verfügung stehen, kann man aber immer nur Kompromisse erreichen.“