Zwischen Bauer und Agrar-Unternehmer
DLG sucht in Oldenburg nach Wegen aus der Krise – Unterschiedliche Ansichten
DLG-Präsident Carl-Alberecht Bartmer betont die Betriebswirtschaft. Agrarminister Christian Meyer (Grüne) hebt Ökologie und Soziales hervor.
OLDENBURG – Der eine schwärmt von der bäuerlichen Landwirtschaft, möglichst noch in der Öko-Version. Der andere nimmt das Wort Landwirt fast kaum mehr in den Mund (und Bauer schon gar nicht), spricht fast nur noch vom landwirtschaftlichen Unternehmer. Der eine – das ist Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne). Der andere heißt Carl-Albrecht Bartmer und ist Präsident der Deutschen LandwirtschaftsGesellschaft (DLG). Auf den „DLG-Unternehmertagen 2016“saßen sie kürzlich in Oldenburg nebeneinander.
Lage existenzbedrohend
Einig waren sie sich noch darin, dass die Lage für fast alle Landwirte/landwirtschaftliche Unternehmer derzeit extrem schwierig, teilweise existenzbedrohlich ist. Bei viel mehr allerdings nicht. „Der Staat kann es nicht“, so Bartmer zu politischen Hilfen. „Im Milchmarkt ist staatliche Krisenintervention kurzfristig unumgänglich“, so Meyer. „Verbraucherschelte geht gar nicht und ist unehrlich“, kritisiert der DLG-Präsident den eigenen Berufsstand, der gern Aldi, Lidl und Co. wegen deren Billigpreisen angeht. „Verbraucher müssen bereit sein, faire Preise für Lebensmittel zu zahlen“, entgegnet der Landwirtschaftsminister.
Zur Lösung der Probleme der Branche bemüht Bartmer immer wieder die Lehrbücher der Betriebswirtschaftslehre: Wettbewerbsfähigkeit schaffen, möglichst große Teilhabe an der Wertschöpfungskette, Kostendisziplin, Prozessoptimierung, Innovationsfähigkeit. „Wettbewerbsfähig sind wir so lange, wie unsere Stückkosten niedriger sind als die Produktpreise. Wenn diese fallen, liegt bei den Stückkosten unsere Herausforderung“, doziert der DLG-Präsident und fügt hinzu, die Kostendisziplin sei bei manchem zeitweise wohl „aus den Augen geraten“. Noch wichtiger sei die Verbesserung der Prozesse in den Betrieben. Hier könnten „immer Ressourcen identifiziert und Potenziale gehoben werden“. Notwendig sei auch eine „innovative Neugierde“auf die Felder Biologie, Chemie, Technik, Elektronik und Organisation.
Sich den Defiziten stellen
Bartmer forderte die landwirtschaftlichen Unternehmer auf, „differenzierte Produktpaletten“sowie Marken zu etablieren („daran krankt zur Zeit die Milch“) und sich „einmalig“zu machen. Dann werde man auch kaufkräftige Nachfrage finden.
Der DLG-Präsident appellierte in Oldenburg aber auch an seinen Berufsstand, „mit den ihm übertragenen Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen und sich den eigenen Defiziten zu stellen“. Nährstoffüberschüsse (Stichwort Gülle), tiergesundheitliche Probleme, enge Fruchtfolgen mit Resistenzen und Krankheiten seien „letztlich auch das Ergebnis einer zu starken Fokussierung auf Ertrag und Leistung“. Erfolgreich Unternehmer zu sein bedeute auch, geänderte Anforderungen aus der Gesellschaft in betriebswirtschaftliche Überlegungen einzubeziehen.
Hier war Bartmer dann doch wieder zum Teil bei Niedersachsens Landwirtschaftsminister. „Wirklich zukunftsfähig ist unsere Landwirtschaft nur, wenn sie wirtschaftlich, sozial und ökologisch ist, wenn sie nachhaltig betrieben wird“, so Meyer. Das heißt für ihn allerdings auch: „Zukunftsfähige Landwirtschaft ist bäuerliche Landwirtschaft.“