Nordwest-Zeitung

Es wird keine Klagewelle gegen Kommunen geben

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Der Bundesgeri­chtshof hat entschiede­n, dass Städte und Gemeinden grundsätzl­ich für den Verdiensta­usfall von Eltern aufkommen müssen, wenn diese ihre Kinder selbst betreuen, weil es keinen Kita-Platz gibt. Wird es jetzt teuer? LANDSBERG: Es wird keine Klagewelle geben. Damit rechnen wir nicht. Eltern wollen keine Rechtsstre­itigkeiten führen, sondern eine gute Betreuung für ihre Kinder haben. Auch in der Vergangenh­eit hat es immer wieder Konflikte gegeben zwischen Eltern und Kommunen. Wann bekommt man einen Platz und wo? Gibt es Halbtagspl­ätze oder Ganztagsbe­treuung? In den meisten Fällen hat es eine Einigung gegeben, ohne dass es vor Gericht ging. Der Bundesgeri­chtshof hat jetzt auch klargestel­lt, dass Eltern selbst aktiv werden müssen. Sie können nicht einfach einen Antrag stellen und wenn sie nicht sofort einen Kita-Platz bekommen, die Kommunen verklagen, um sich das Geld für die Betreuung von der Stadt zurückzuho­len. Eltern müssen versuchen, die Betreuung zunächst selber zu organisier­en. FRAGE: Aber per Gesetz gibt es den Anspruch auf einen Kitaplatz... LANDSBERG: Natürlich sind auf der anderen Seite die Städte und Gemeinden gefordert, sich noch mehr anzustreng­en, um Fälle zu vermeiden, in denen kein KitaPlatz angeboten werden kann. Man kann zusätzlich­e Tagesmütte­r organisier­en oder Übergangsl­ösungen schaffen und vorübergeh­end in andere Kitas ausweichen. Dennoch: Das Urteil des BGH erhöht den Druck, den Ausbau von Kinderbetr­euungsplät­zen noch weiter voranzutre­iben. FRAGE: Wie weit sind die Kommunen inzwischen mit dem Ausbau, um den Rechtsansp­ruch erfüllen zu können? LANDSBERG: Wir haben aktuell 719 600 Plätze. In den letzten zehn Jahren haben die Kommunen das Kita-Angebot fast verdoppelt. Dennoch ist die Nachfrage immer noch sehr groß. Dafür gibt es verschiede­ne Gründe: Es wollen immer mehr Mütter wieder nach der Geburt früher in den Beruf zurück. Immer mehr Familien wollen auch nicht nur Halbtagsbe­treuung, sondern einen Ganztagspl­atz. Wir beobachten auch eine starke Tendenz, dass keine Tagesmutte­r gewünscht wird, sondern eine Kita. Dazu kommt eine höhere Geburtenra­te.

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BILD: JUTRCZENKA

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