Es wird keine Klagewelle gegen Kommunen geben
FRAGE: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Städte und Gemeinden grundsätzlich für den Verdienstausfall von Eltern aufkommen müssen, wenn diese ihre Kinder selbst betreuen, weil es keinen Kita-Platz gibt. Wird es jetzt teuer? LANDSBERG: Es wird keine Klagewelle geben. Damit rechnen wir nicht. Eltern wollen keine Rechtsstreitigkeiten führen, sondern eine gute Betreuung für ihre Kinder haben. Auch in der Vergangenheit hat es immer wieder Konflikte gegeben zwischen Eltern und Kommunen. Wann bekommt man einen Platz und wo? Gibt es Halbtagsplätze oder Ganztagsbetreuung? In den meisten Fällen hat es eine Einigung gegeben, ohne dass es vor Gericht ging. Der Bundesgerichtshof hat jetzt auch klargestellt, dass Eltern selbst aktiv werden müssen. Sie können nicht einfach einen Antrag stellen und wenn sie nicht sofort einen Kita-Platz bekommen, die Kommunen verklagen, um sich das Geld für die Betreuung von der Stadt zurückzuholen. Eltern müssen versuchen, die Betreuung zunächst selber zu organisieren. FRAGE: Aber per Gesetz gibt es den Anspruch auf einen Kitaplatz... LANDSBERG: Natürlich sind auf der anderen Seite die Städte und Gemeinden gefordert, sich noch mehr anzustrengen, um Fälle zu vermeiden, in denen kein KitaPlatz angeboten werden kann. Man kann zusätzliche Tagesmütter organisieren oder Übergangslösungen schaffen und vorübergehend in andere Kitas ausweichen. Dennoch: Das Urteil des BGH erhöht den Druck, den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen noch weiter voranzutreiben. FRAGE: Wie weit sind die Kommunen inzwischen mit dem Ausbau, um den Rechtsanspruch erfüllen zu können? LANDSBERG: Wir haben aktuell 719 600 Plätze. In den letzten zehn Jahren haben die Kommunen das Kita-Angebot fast verdoppelt. Dennoch ist die Nachfrage immer noch sehr groß. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Es wollen immer mehr Mütter wieder nach der Geburt früher in den Beruf zurück. Immer mehr Familien wollen auch nicht nur Halbtagsbetreuung, sondern einen Ganztagsplatz. Wir beobachten auch eine starke Tendenz, dass keine Tagesmutter gewünscht wird, sondern eine Kita. Dazu kommt eine höhere Geburtenrate.