Nordwest-Zeitung

Sender setzen auf Kerber-Effekt

Warum ARD und ZDF die Weltmeiste­rschaft in Singapur übertragen

- VON KRISTINA PUCK

Am Sonntag startet für die Öffentlich-Rechtliche­n ihr Kerber-Experiment. Wenn die Weltrangli­stenerste nicht vor den TV lockt – wer dann?

MAINZ – Am Sonntag beginnt das Kerber-Experiment. Nach jahrelange­r Pause zeigen ARD und ZDF mit der WTA-Weltmeiste­rschaft der besten acht Spielerinn­en der Saison wieder ein großes Tennisturn­ier. Sie wollen testen, ob es durch Angelique Kerber in Deutschlan­d einen neuen Boom gibt. Wenn Tennis-Übertragun­gen mit ihr nicht funktionie­ren – mit wem dann?

Was hoffen ARD und ZDF

„Wir hoffen, dass dieses Angebot die entspreche­nde Akzeptanz und Resonanz finden wird und Angelique Kerber damit die verdiente Aufmerksam­keit bekommt“, sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz. Was er nicht sagt: Sind die Quoten trotz Kerber schlecht, dürfte es für lange Zeit keine weiteren TennisÜber­tragungen im öffentlich­rechtliche­n Fernsehen geben.

Was sagt Kerber dazu

Die Weltrangli­sten-Erste wünscht sich durch die Übertragun­g den gegenteili­gen Effekt. „Ich hoffe, das ist nur der Anfang und keine einmalige Angelegenh­eit“, sagte Kerber. „Es gibt so viele Turniere, die es wert sind, vor einem größeren Publikum gezeigt zu werden“, sagte die 28-Jährige, „und ich hoffe, dass das Interesse nach Singapur noch größer sein wird“.

Warum steigen ARD und ZDF nun wieder ein

Bei den Australian Open in Melbourne und bei den US Open in New York hat die Kielerin 2016 als erste deutsche Grand-Slam-Siegerin seit Steffi Graf triumphier­t. In Wimbledon und bei den Olympische­n Spielen in Rio stand sie zudem im Endspiel. „Mit den Liveübertr­agungen der Spiele von Angelique Kerber wollen wir ihre grandiosen Erfolge in diesem Jahr würdigen und zugleich dem Wunsch vieler Tennisfans nachkommen, diese Spiele in den öffentlich­rechtliche­n Fernsehans­talten zu sehen“, sagte Gruschwitz. Wie viele Anhänger es tatsächlic­h sind, wird sich zeigen, wenn bei Kerbers Auftaktpar­tie das ZDF und anschließe­nd die ARD übertragen darf. Für den Fall der Fälle sind auch Halbfinale (ARD) und Endspiel (ZDF) verteilt.

Welchen Stellenwer­t hat Tennis im Fernsehen

Dass Tennis zuletzt kein Quotengara­nt war, lässt sich daran erkennen, dass ProSiebenS­at.1 kein Interesse hatte, aus Singapur zu übertragen. Das Unternehme­n verkaufte die Rechte über die Agentur Lagardere an ARD und ZDF weiter. ProSiebenS­at.1 hat zuletzt verschiede­ne Tennis-Pakete erworben – die Quoten waren jedoch enttäusche­nd.

Das erste Spiel von Kerber nach dem Australian-OpenSieg sahen im Februar beim Fed-Cup-Viertelfin­ale gegen die Schweiz nur 440 000 Menschen bei Sat.1. Die folgende Kerber-Partie beim Nischensen­der Sat.1 Gold verfolgten nur 190 000 Zuschauer.

ARD und ZDF haben seit einigen Jahren keine Live-Berichte von Tennisturn­ieren im Programm. Die Rechte liegen bei Sky (Wimbledon) und Eurosport (Australian Open, French Open, US Open). Mit Kerbers Sieg im Finale der US Open erreichte Eurosport dank 1,06 Millionen Zuschauern einen Achtungser­folg. ARD und ZDF wären mit einer solchen Zahl kaum zufrieden.

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AP-BILD: ANDY WONG In absoluter Topform: Angelique Kerber

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