Nordwest-Zeitung

Es muss ein europäisch­es FBI geben

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Was spricht gegen die neue gesetzlich­e Regelung? LINDNER: Das BND-Gesetz ist ganz offensicht­lich verfassung­swidrig. Während der Beratungen im Bundestag haben bereits Gutachter und Verfassung­srechtler gemahnt, dass die gesetzlich­en Regelungen für eine Reform des Bundesnach­richtendie­nstes gegen das Grundgeset­z verstoßen. Dennoch hält die Große Koalition daran fest. Das ist arrogant und abgehoben. Die Ausweitung der Überwachun­gsmöglichk­eiten ist ein erhebliche­r Eingriff in die Grundrecht­e. Die FDP wird eine Verfassung­sbeschwerd­e in Karlsruhe prüfen, um Rechtsklar­heit zu bekommen. FRAGE: Es herrschte Einigkeit darüber, dass es grundlegen­de Reformen geben muss. LINDNER: Unsere Sicherheit­sarchitekt­ur muss besser werden. Aber die jetzigen Änderungen sind falsch. Wir bräuchten stattdesse­n mehr Kooperatio­n, eine bessere Vernetzung der Sicherheit­sbehörden und Geheimdien­ste in Europa. Es muss ein gemeinsame­s europäisch­es FBI und ein europäisch­es Terrorund Abwehrzent­rum geben. Die Große Koalition macht jetzt aber etwas ganz anderes. Der BND darf nach dem neuen Gesetz tun, was er will, ohne dass es eine klare parlamenta­rische Kontrolle gibt. Es besteht die Gefahr eines Staates im Staate. Natürlich braucht ein Staat Nachrichte­ndienste. Die müssen aber an die Verfassung gebunden sein und unter parlamenta­rischer Kontrolle stehen. Genau das ist nicht mehr gewährleis­tet. FRAGE: Aber es wird Kontrollin­stanzen geben. Reicht das nicht aus? LINDNER: Das Bundeskabi­nett bestimmt selbst, durch wen es kontrollie­rt wird. Das überzeugt mich nicht. Wir brauchen einen unabhängig­en Geheimdien­stbeauftra­gten des Bundestage­s mit unabhängig­em Sachversta­nd und Mitarbeite­rstab ähnlich wie der Wehrbeauft­ragte. Die Bürger müssen sicher sein, dass alles, was der Dienst tut, im deutschen Sicherheit­sinteresse steht, aber auch verfassung­sgemäß ist. Bis heute gibt es noch immer keine klare Übersicht über die Verstöße des Bundesnach­richtendie­nstes in der NSA-Affäre. Gerade erst hat die Datenschut­zbeauftrag­te festgestel­lt, dass der BND im Zuge des Abhörskand­als auch die Rechtsposi­tion von Deutschen verletzt hat. Obwohl dies noch nicht richtig aufgearbei­tet ist, setzt sich die Große Koalition darüber hinweg und macht mit der BNDReform alles nur noch schlimmer.

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BILD: JUTRCZENKA

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