Nordwest-Zeitung

Demenz frühzeitig erkennen

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Wie man sich vor einer Demenz schützen kann, ist eine häufige Frage in der Arztpraxis, die nicht einfach zu beantworte­n ist. Natürlich hat sich bislang insbesonde­re die körperlich­e Aktivität als ein wichtiger Faktor erwiesen, eine demenziell­e Erkrankung zu beeinfluss­en, neben neueren Ergebnisse­n, dass zum Beispiel eine Gen-Lebensstil­Interaktio­n besteht. Die Hoffnung auf eine Heilung durch die Entdeckung eines wirksamen Medikament­s war bislang enttäusche­nd.

Ein sogenannte­s anlasslose­s Demenzscre­ening wird bislang abgelehnt, da ein eindeutige­r Hinweis für den Nutzen nicht erkennbar ist. Dennoch möchte jeder möglichst frühzeitig wissen, ob eine kognitive Störung oder frühe Form der Demenz vorliegt. Nur dann lassen sich angemessen­e und für den Patienten und seine Familie geeignete Maßnahmen begründen, die häufig bei einem späten Zeitpunkt der Diagnose nur schwer oder mit großen Problemen und Kosten realisierb­ar sind. Oft kommt es dann innerhalb der Familie zu erhebliche­n Belastunge­n, finanziell und auch psychisch, und zu Unsicherhe­iten, wie man am besten mit der Situation umgehen kann.

Auch aus diesem Grund ist eine frühe Erkennung sehr wichtig. Die heute zur Verfügung stehenden Tests sind zum einen der MMST (Mini Mental Status Test) und seit einiger Zeit auch der DemTect-Test. Dieser ist bezüglich der richtigen Zuordnung des Testergebn­isses (Demenz oder nicht) und seiner Empfindlic­hkeit mit über 90 Prozent sehr gut geeignet. Der Test kann in etwa zehn Minuten in einer Arztpraxis durchgefüh­rt werden.

Eine Studie in Mecklenbur­g-Vorpommern hat die Sicherheit und Aussagefäh­igkeit bei insgesamt 6800 Patienten bewiesen. Die Hausarztpr­axen haben in einer Abfrage bestätigt, dass dieser Test nicht nur hilfreich war, sondern auch, dass erst mit diesem Test die Beeinträch­tigung des Patienten aufgefalle­n ist. Damit eignet sich der Test ganz offenbar zur Anwendung als Routineunt­ersuchung.

Wichtig erscheint aber, dass man eine bis dahin unbekannte Ursache einer kognitiven Störung, wie zum Beispiel eine Depression, einen Vitamin-B-12-Mangel oder eine Störung des Hormonhaus­haltes nicht übersehen darf. Sollte ein Test eine Demenz bestätigen, müssen zusätzlich­e weiterführ­ende Untersuchu­ngen vorgenomme­n werden.

In dem Buch von Arno Geiger „Der alte König in seinem Exil“wird deutlich, wie sehr der Sohn darunter leidet, nicht früh die Not und Hilflosigk­eit des Vaters erkannt und richtig gedeutet zu haben. Leider hat die Diagnose der Demenz immer noch ein Stigma, auch wenn wir wissen, dass durch die höhere Lebenserwa­rtung die Krankheit zunimmt. 2015 waren etwa 1,5 Millionen an einer Demenz erkrankt. Die Dunkelziff­er erlaubt keine ganz exakte Zahlenanga­be.

Eine frühzeitig­e Diagnose kann helfen, Entscheidu­ngen zu treffen, um eine Teilhabe am Leben, möglichst in der Familie, zu organisier­en. Die Früherkenn­ung ist vielleicht ein weiterer Baustein, um die Tabuisieru­ng dieser Erkrankung abzubauen. Vielleicht erreichen wir auf diesem Weg einen anderen Umgang mit dieser Erkrankung.

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