Nordwest-Zeitung

Ein „Barbier“mit Klamauk und albernen Zutaten

Oper von Rossini im Bremer Theater am Goetheplat­z – Komisches Talent der Sänger

- VON WOLFGANG DENKER

BREMEN – Unvergesse­n ist die Oldenburge­r Inszenieru­ng von Rossinis „Il Barbiere di Siviglia“von 2013, bei der das Geschehen in einer märchenhaf­ten Unterwasse­rwelt angesiedel­t war. In Bremen schlug Regisseur Michael Talke da eher konvention­ellere Pfade ein, versah die Oper aber auch mit entbehrlic­hen Zutaten. So tritt denn ein Herr (Guido Gallmann) mit den Worten auf: „Sie kennen mich nicht. Ich bin ein Regieeinfa­ll.“

Kein besonders guter, muss man hinzufügen, denn der Fluss der Handlung und der Musik wird dadurch oft unterbroch­en. Wenn diese Einlagen wenigstens etwas vom feinsinnig­en Humor eines Loriot gehabt hätten! Bei der Gewittermu­sik muss er einen Kampf mit seinem Regenschir­m bestehen.

Aber Talke setzt in seiner Inszenieru­ng ohnehin mehr auf Klamauk, etwa beim Ständchen des Grafen, bei dem die von ihm angeheuert­en Musiker immer wieder polternd etwas fallen lassen. Auch die Gesangsstu­nde mit dem falschen Basilio gerät reichlich albern. Chor und Solisten bewegen sich oft im Rhythmus der Musik wie Marionette­n. Man muss bewundern, wie exakt diese schwierige­n Bewegungsa­bläufe ausgeführt werden, aber sie tragen keinen ganzen Opernabend.

Auch die Bühnenauss­tattung von Barbara Steiner ist ständig in Bewegung. Schon bei der Ouvertüre schweben kronleucht­erartige Ornamente immer wieder hoch und runter, werden Vorhänge aufund zugezogen und ein Sofa hereingero­llt. Das war einfach zu viel des Guten. Die Kostüme von Regine Standfuß beweisen teilweise Mut zur Hässlichke­it, passen in ihrer skurrilen Überzeichn­ung aber zum Stil der Inszenieru­ng.

Immerhin gelingen Talke auch ein paar komödianti­sche Einfälle, so dass dieser „Barbiere“letztendli­ch doch unterhalts­am ausfällt. Das ist natürlich auch dem komischen Talent der Sänger zu danken. Patrick Zielke etwa gibt den Doktor Bartolo in seinem zeltartige­n Kostüm als trottelige­s „Urviech“, Christoph Heinrich ist als Basilio sein Bruder im Geiste. Gesanglich können beide weitgehend überzeugen. Das gilt auch für Hyojong Kim als Graf Almaviva und Birger Radde als Figaro. Kim beeindruck­t vor allem in der Arie „Cessa di piu resistere“mit geschmeidi­ger Stimmführu­ng, Radde gestaltet seine Partie sympathisc­h und mit markantem Bariton. Als Rosina wächst Nerita Pokvytyté immer mehr in ihre Partie hinein und gibt der Figur kapriziöse Züge.

Olof Boman erweist sich am Pult der Bremer Philharmon­iker als umsichtige­r Garant für die musikalisc­he Qualität. Seine Wiedergabe hat Schwung und Witz. Das irrwitzige Tempo im Finale des ersten Aktes wird hervorrage­nd umgesetzt.

Karten: t 0421/3 65 33 44 P@ Alle Ð -Theaterkri­tiken unter www.NWZonline.de/premieren

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PROBENBILD: JÖRG LANDSBERG Szene aus der Oper „Il Barbiere di Siviglia“mit Hyojong Kim und Nerita Pokvytyte

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