Nordwest-Zeitung

Mehr Steuereinn­ahmen im Visier

Finanzmini­ster Schneider rechnet „mit einem kleinen Schluck“zusätzlich

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Niedersach­sens Ressortche­f zeigt sich sehr zufrieden mit dem BundLänder-Kompromiss. Das Land profitiere.

FRAGE: Herr Schneider, wie fühlt man sich als Verlierer? Laut CDU- und FDP-Opposition hat Niedersach­sen das schlechtes­te Ergebnis beim Kompromiss zum neuen Bund-Länder-Finanzausg­leich erzielt. SCHNEIDER: (lacht) Wenn 600 Millionen Euro mehr pro Jahr in der Kasse Niedersach­sens ab 2020 als Verlust gewertet werden, dann fällt mir dazu nichts mehr ein. Sicher ist richtig, dass Bayern der große Gewinner ist. Aber das Ergebnis spiegelt einen Kompromiss unter 16 Bundesländ­ern wider. Alle profitiere­n. Niedersach­sen hat noch zusätzlich durchgeset­zt, dass wir 62 Millionen für Forschungs­förderung erhalten und das Geld aus der Förderabga­be auf Erdöl und Gas nicht mehr zu 100, sondern nur noch zu 33 Prozent angerechne­t wird bei der Finanzkraf­tberechnun­g. Unterm Strich: Sie sehen einen zufriedene­n Finanzmini­ster. FRAGE: Ganz konkret: Wann und wie viel Geld wird zu welchem Zweck von den 600 Millionen eingesetzt? SCHNEIDER: Die Vereinbaru­ngen müssen erst noch umgesetzt werden. Da geht es auch um Grundgeset­zänderunge­n. Deshalb kann ich heute zum Zweck noch gar nichts sagen. Das Ganze wird wahrschein­lich endgültig erst im Sommer nächsten Jahres stehen. FRAGE: Bestehen Risiken für die neuen Einnahmen – beispielsw­eise durch eine schlechter­e Konjunktur? SCHNEIDER: So viel, wie für jede Steuereinn­ahme. FRAGE: Werden Sie den Schuldenbe­rg schneller abbauen? SCHNEIDER: Das Geld kommt erst ab 2020. Bis dahin wollen wir die schwarze Null ab 2018 einhalten. Das ist bereits eine gewaltige Kraftanstr­engung. Danach können wir über die politische Verwendung nachdenken. FRAGE: Ein Teil der Vereinbaru­ng betrifft Kommunen. Finanzschw­achen Gemeinden soll geholfen werden – direkt durch den Bund. Wie viele sind es in Niedersach­sen? SCHNEIDER: Das ist noch unklar, ohne die konkreten gesetzlich­en Regelungen. Aber richtig ist, dass die Tür geöffnet werden soll, für direkte Zahlungen des Bundes an Kommunen, was laut Grundgeset­z eigentlich nicht sein darf. FRAGE: Wofür könnte Geld fließen? SCHNEIDER: Die SPD-Seite in der Bundesregi­erung plädiert für Investitio­nen in Schulen, in Gebäude beispielsw­eise. Im Kern geht es um den großen Bereich Bildung – um die Ausstattun­g, nicht um das Personal. Konkret: investive Mittel. FRAGE: Macht Ihnen nicht Bauchschme­rzen, dass das Land einen Teil seiner Zuständigk­eit abgibt? SCHNEIDER: Ja, es ist schon so, dass die gesamte Neuregelun­g tendenziel­l eher die Bundesregi­erung stärkt. Aber so ist das, wenn man anderer Leute Geld haben will! FRAGE: Erhält der Bund Durchgriff­srechte? SCHEIDER: Nein, es geht um Prüfrechte. Dagegen kann man wenig sagen. FRAGE: Bald kommt die November-Steuerschä­tzung. Sorgenfalt­en sind bei Ihnen nicht sichtbar – oder? SCHNEIDER: Ich gehe davon aus, dass wir die Steuern erhalten, die wir für die Haushaltsp­lanung zugrunde gelegt haben – und vielleicht einen kleinen Schluck mehr. Die Konjunktur­entwicklun­g verläuft im Moment besser, als noch im Sommer nach dem „Brexit“befürchtet wurde. Die Brexit-Auswirkung­en kommen bei uns noch nicht an. Das dauert wohl noch ein bisschen. Deshalb bin ich optimistis­ch vor der Steuerschä­tzung.

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